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einem Zigeuner gelernt. Er äußerte sich auch in den letzten Jahren, er müsse
ja den Leuten etwas vorsagen, sonst seien sie nicht mehr aus dem Hause zu
bringen und tatsächlich legte er ihrem Glauben oft eine harte Probe auf. So
kam einmal jemand aus Klaffer, um Hilfe für ein krankes Oechsl zu bekommen.
Der Peter sagte dem Boten, es helfe nichts, denn das Oechsl sei närrisch. Der
Bote glaubte der Rede und ging traurig nach Hause. Einmal gab er einem
Bauer für ein krankes, verneidetes Kalb ein „Neidbrot" mit. Am Abend wurde
aus bösem Versehen das Neidbrot in die Suppe gebrockt und gegessen — und das
Kalb wurde dennoch gesund. Darüber wird wohl der Wundermann öfter gelacht
haben, aber einmal mußte dem Unfug doch ein Ende gemacht werden. Es wurde
nämlich von Seite eines neuen Pfarrvorstandes gegen Peter und seine vermeint-
liche Kunst vorgegangen, daß es kein Ausweichen mehr gab. Er war selbst damit
einverstanden, nur setzte er kategorisch die Bedingung: „Nun bringt mir aber auch
die Leute weg, daß ich Ruhe bekomme!" Er starb am 19. Mai 1886.
Der Bettel-Philipp.
Um das Jahr 1870 sah man noch einige Zeit einen sonst rüstigen, aber
meistens betrunkenen Mann, der einen alten, fremdartigen Soldatenmantel lose
um die Schultern hängen hatte, zwischen Aigen und Schlägl gehen. Es war der
„Bettel-Philipp", wie er gewöhnlich genannt wurde. Man sah dem schwarzhaarigen
und schwarzbärtigen Mann mit seinem entschlossenen Blick noch gut an, daß er
einmal bessere Zeiten gesehen und Schulung gemacht hatte. Er hieß eigentlich
Philipp Trautner, war in Aigen geboren, hatte studiert und war längere Zeit
beim Hofrichter in Schlägl als Schreiber angestellt, aber der Schnaps, den er im
Uebermaße genoß, machte ihn schließlich unmöglich. Als Kaiser Max nach Mexiko
ging, ging er zu dessen freiwilligen Heer und teilte damit das Los so vieler Un-
glücklicher und Enttäuschter. Nach der Hinrichtung des Kaisers in Mexiko kehrte Philipp
in seinen Geburtsort Aigen zurück als Bettler, der wohl im Bürgerspital wohnen
konnte, im übrigen sich aber seinen Unterhalt erbetteln mußte, obwohl er eine
Pension von sage und schreibe vier Kreuzern täglich genoß, die gerade auf ein
Gläschen „Ungebleichten" reichte. Schon in den Vormittagsstunden sah man ihn oft
im Kloster, in dem er allzeit Nahrung und Unterstützung fand, ein- und ausgehen,
schimpfend über die Mexikaner oder seinen Stab schwingend, indem er Kommando-
rufe ausstieß in deutscher und sonst einer unbekannten Sprache. Im Jahre 1870
oder 1871 dürfte der Arme gestorben sein.
Der Dummschädel in der Sonnleithen.
Nicht leicht ist ein gewöhnlicher Bauer so berühmt geworden in Geschichte
und Sage, sowie im Sprichworte, wie der einstige Besitzer des Hauses Nr. 15,
zur Ortschaft Stollnberg, Pfarre Ulrichsberg, gehörig. Noch heute, nach 50 Jahren,
kann man in der ganzen Gegend zwischen dem Böhmerwald und der Donau die
Worte hören: „Du gehst noch weit über den Dummschädl in der Sonnleithen."
Er war eigentlich das, was man gewöhnlich einen guten Kerl nennt, nur ging er
in Gemächlichkeit und Eigensinn, Anspruchslosigkeit und Rücksichtslosigkeit gegen sich
und anderen zu weit. Matthias Obermüller war sein Name. Er hielt es eigent-
lich mit dem alten Diogenes, wenn er auch in keinem Fasse residierte, sondern das
schöne Bauernhaus der Sonnleithen am Abhange des Waldes oberhalb Stollnberg
und Obernhof gelegen, besaß und bewohnte, aber er vernachläßigte sein schönes Haus
vielleicht mehr als Diogenes sein Faß — wen ging es auch etwas an und warum