Volltext: Sechstes Bändchen (6. 1916)

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seine Wasser in Kirchbachs Fluren sammelt, in einer tiefen, felsigen Schlucht 
talabwärts, um sich bei der Rienmühle mit der kleinen Mühet zu vereinigen. 
Wie diese schaurige Felsenschlucht entstanden, weiß heute noch jedermann, 
denn der alte Höllmüller, welcher das Schauderhafte, welches ich im folgenden 
erzählen will, miterlebte, hat es seinen Kindern erzählt und so kam die Geschichte 
bis in unsere Tage. 
Ein Bauer in Oberkrenau (Pfarre Oepping) hatte von übernachtenden 
Zigeunern ein Wetterhorn erhalten, dessen weinerlich klingende Töne ein heran- 
kommendes Gewitter zum Stillstehen zwangen. Dieses Horn, welches seltsamerweise 
nur eine Frauensperson blasen konnte, wurde denn auch zur Sommerszeit fleißig 
in Anwendung gebracht. Daß man darob in der ganzen Umgebung nicht besonders 
erbaut war, läßt sich denken. Geschah es ja gar häufig, daß ein festgebanntes Gewitter 
an einem Ort sich mit aller Heftigkeit entlud und enormen Schaden anrichtete. 
Einst — es war an einem schwülen Julitage — als gegen Abend am 
westlichen Horizonte eine ungeheure finstere Wolkenmauer, welche von der Erde 
zum Himmel reichte, sichtbar wurde. Plötzlich kam Bewegung in die schwere Masse. 
Erst von ferne und dann immer näher und näher hörte man das Grollen des 
Donners, während die Blitze die abendliche Dunkelheit zum feuerhellen Tag 
verwandelten. Der Sturm — der Vorbote jedes starken Gewitters — rüttelte 
an den Bäumen, so daß sie ächzten und krachten, und peitschte die ersten schweren 
Regentropfen an die Fensterscheiben. Der Besitzer des Wetteihorns veranlaßte denn 
auch sofort, daß das berühmte Horn in Aktion trete. Sogleich ertönten die den 
Bewohnern der umliegenden Ortschaften bekannten, aber auch gefürchteten Töne. 
Die entfesselten Elemente entluden sich gerade mit heftiger Vehemenz auf die 
getreidegesegneten Fluren von Weixelbaum, in dessen nächster Nähe sich die Höllmühle 
befindet. Das Gewitter tat auch heute, wie schon öfter seine Schuldigkeit und blieb 
wie festgebannt stehen, alles vernichtend und verwüstend. Der wolkenbruchartige 
Regen, welcher mit unverminderter Heftigkeit mehrere Stunden herniederströmte, 
machte aus dem kleinen Mühlbach einen reißenden Strom, der mit schrecklichem 
Getöse durch das Tal hinabschoß, Bäume entwurzelnd und Steine mit sich fort- 
reißend. Der Müller stand händeringend unter der Haustüre und schaute dem furcht- 
baren Schauspiele zu. Er wußte, wer der Urheber so vielen Unheiles ist und er schwur 
im Geheimen, sich an ihm zn rächen. Als das Unwetter geendet hatte, sah man 
von der Mühle bis zum Ausgang des Waldes jene Schlucht, welche noch heute 
auf den Wanderer einen wehmütigen Eindruck macht. 
Der Schrecken der Bevölkerung, das Wunderhorn von Oberkrenau, existiert 
heute nicht mehr. Es ist von einem Verwandten des Besitzers nach Amerika 
mitgenommen worden. Ob es dort auch schon Unheil angerichtet hat, ist nicht 
bekannt. Auch der alte Höllmüller ist längst nicht mehr. Der jetzige Besitzer der 
Höllmühle, welcher die Berufe eines Müllers und eines Gastwirtes ausübt, glaubt 
selbst nicht mehr an diese Ueberlieferung seines Vorgängers. 
* 
Dorf- und Famílíennamen. 
(Von Pfarrer Johannes Winkler .) 
In den Gegenden des oberen Mühlviertels finden sich eine Menge von 
Familiennamen, welche sich mit dem Ortsnamen der Gegend decken, also den 
einstigen Stamm- oder Herkunftsort der betreffenden Familie verraten. Namentlich
	        
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