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eines Tieres als Zunamen zu geben; hieher gehören z. B, Fuchs, Bär, Dachs.
Körperliche Merkmale und sonstige besondere Eigenschaften vererben sich oft durch
Jahrhunderte hindurch, daher die von solchen Eigenschaften hergeleiteten Zunamen
häufig auch heute noch zutreffen, daher das Volk z. B. sagt: „Der hat seinen Namen
nicht umsonst, er heißt Lang und ist lang, der heißt Dachs und . . .
Auch die Aeußerungen der verschiedenen Gemütsart gaben wiederholt Anlaß
zur Beilegung von Zunamen, wobei ungute Aeußerungen keineswegs geschont wurden,
z. B. Brummer, Greiner, Schauer, Köck, Strobl (= haarzerrauster, unruhiger Mensch),
Resch (= schneidig Redender), Pröll (= heftig Auftretender.)
Auch die Spitz- oder Stichlnamen mancher Personen wurden für deren Nach¬
kommen manchmal Zunamen, z. B. einer hatte die Gewohnheit, wiederholt, ob es
paßte oder nicht, „holt aus" zu sagen und bekam den Spitznamen „Holtaus", einer
war ein Frühaufsteher und wurde deswegen „Frühauf" genannt, einer ging gerne
zu den Behörden klagen und konnte es nicht verhindern, daß er Schörgl genannt
wurde und alle drei mußten es geschehen lassen, daß ihre Nachkommen die Zunamen:
„Holtaus", „Baldauf", „Schörgl" bekamen.
An die Spitznamen schließen sich enge an die sogenannten Heischnamen (von
heischen = befehlen), Namen, die einen Befehl beinhalten, z. B. Schlagintweit,
Springinsfeld, Reibenspieß (= Reib den Spieß), Schreckenfuchs, Kloibenstein ( = Kloib
den Stein).
Mit der Rufform mancher Personennamen wurde im Verlaufe der Zeiten eine
geringschätzende Bedeutung verbunden; solche Formen wurden daher oft auch Spitznamen
und wiederholt auch Zunamen. So wurde mancher Kasper, Lippl, Stöffl, Zacherl
genannt, der nicht so hieß, und deren Nachkommen mußten sich so nicht bloß nennen
sondern auch „schreiben lassen".
Sowie viele Ortsnamen, so lassen sich übrigens auch viele Zunamen nicht
mehr erklären; sie wurden im Verlaufe der Zeiten verdorben zumal die Leute
früher häufig selbst nicht schreiben konnten, sondern ihre Namen schreiben lassen
mußten ; unrichtiges Aussprechen durch die Namensträger oder falsches Hören seitens
der Schreiber mußte aber nachteilig für die richtige Schreibweise wirken.
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Die Gründung
des Mühtviertler - Dorfes und dessen Grundverlosung.
(Von Pfarrer Johann Sigl.)
Die Ansiedlungen bayerischer und fränkischer Familien im jetzigen Ober- und
Niederösterreich wurden in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts immer zahlreicher.
Das Mühlviertel wurde jedoch wegen der so beschwerlichen Bodenbeschaffenheit und
des rauhen Klimas von den Auswanderern noch mehr und mehr gemieden, doch kam auch
für dasselbe die Zeit regelmäßiger deutscher Besiedelung. Das Wort einer einzigen Frau
hat, wie der Geschichtsschreiber Weißenbacher sich ausdrückt, das obere Mühlviertel
bevölkert und diese Bevölkerung glücklich gemacht. Im Jahre 1010 war nämlich Kaiser
Heinrich II. mit seiner Gemahlin Kunigunde nach Passau gekommen; während er
die Stadt besichtigte, besuchte die Kaiserin daselbst das alte Frauenkloster Niedernburg,
wo sie von den Nonnen flehentlich um Erwirkung eines neuen Besitzes gebeten wurde,
da ihr Kloster während der Kriege der letzteren Zeit sehr großen Schaden erlitten