Volltext: Viertes Bändchen (4. 1914)

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Die Sage von der Gründung Ranariedls. 
(Von Johann Ratzesberger in Altenhof.) 
 
Oberhalb des jetzigen Schlosses Ranariedl befindet sich die sogenannte Bastei. 
An dieser Stelle, meldet die Sage, stand früher ein nicht gar großes Schloß. 
Dieses wurde eine Tages überfallen und die Herrschaft ermordet. Das Kinder- 
mädchen konnte jedoch mit dem noch ganz kleinen Söhnchen des Besitzers entkommen. 
Schnellstens floh es zur Donau hinab und wollte bei der Ranamühle mit dem 
Knäblein in eine Zille steigen. Da waren auch schon die Verfolger in nächster 
Nähe. Da sich das Mädchen mit dem Kinde nicht mehr hätte retten können, 
trachtete es, wenigstens das Leben des geliebten Kindes zu erhalten. Rasch legte 
es den Kleinen in die Zille und stieß diese vom Lande ab, so daß sie stromabwärts 
getrieben wurde. Um das Kind vor den Mordsgesellen zu retten, war das Mädchen 
zurückgeblieben und mußte dieses Wagestück mit seinem Leben büßen. 
Die Zille, in der sich der gerettete Knabe befand, schwamm donauabwärts 
bis in die Gegend des Schlosses Haichenbach, welches jetzt unter dem Namen 
Kerschbaumerschlößel bekannter ist. Leute vom Schlosse, die gerade bei der Donau 
herunten zu tun hatten, bemerkten die mit dem Kinde dahertreibende Weidzille. 
Sie brachten beide an Landund nahmen den Knaben mit auf das Schloß, wo 
er nun erzogen wurde. 
Das ausgeraubte Schlößchen verödete und verfiel. Es war jedoch in demselben 
noch viel Geld und Gut verborgen. Den Räubern, die sich nicht lange aufgehalten 
hatten, war dieses entgangen. Viele Leute versuchten es nun, in diese Stätte 
einzudringen, um den Schatz zu holen. Allein, innerhalb des Tores befand sich 
ein Geist, der jedermann den Eintritt verwehrte. Jeder, dem sein Leben lieb war, 
zog gerne wieder ab. 
So kam er also in die Burg seiner Väter. Ungefährdet ging er zum Tore 
hinein. Wie erstaunte er, als nun der gefürchtete Schloßgeist mit allen Zeichen 
der Freude ihm entgegenkam, ihm alle Schätze offenbarte, ihn durch das ganze 
Gebäude begleitete und ihm schließlich auchdas Zimmer zeigte, in dem seine Eltern 
ermordet worden waren; deren Gebeine lagen noch an Ort und Stelle, wo die 
Untat geschehen war. 
Da aber das so lange Zeit leerstehende Schloß ziemlich verfallen war, baute 
sich der Sohn in nächster Nähe das jetzige Schloß Ranariedl. Mit dem vielen  
Gelde, das nun sein Eigen geworden war, konnte er es leicht vollenden und ausstatten. 
* * * 
 
* 
Am Hochstein. 
Der Hochstein (unweit von Kollerschlag) ist eine gewaltige Felsmasse, die 
nach Süden und Westen mit einer Höhe von dreißig Meter jäh abfällt, dagegen 
nach Norden und Osten sanft abdacht. Es ist ein wetterharte Veteran aus jener
	        
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