Volltext: Viertes Bändchen (4. 1914)

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Rat zu ernennen und in den Staatsrat zu berufen, damit dessen Beteiligung an den 
Staatsgeschäften als eine amtliche und vor der ganzen Welt gerechtfertigte erscheine.1) 
 
Der Staatsrat — consejo real de estado — war durch die leitenden 
Minister Philipps IV. Olivarez und Haro ziemlich bei Seite geschoben worden; in 
der letzten Zeit aber war er wieder mehr hervorgetreten. Graf Penaranda, viel¬ 
leicht der fähigste unter den spanischen Ministern jener Zeit, aber ein Franzosen- 
freund, führte in demselben das große Wort. Die durch Ernennung zu Geheimräten 
erfolgende Berufung in diese Körperschaft, deren Mitgliederzahl nicht festgesetzt war 
und in der die wichtigsten Regierungsangelegenheiten vorberaten wurden, galt von 
jeher als große Auszeichnung, mit welcher der Titel Exzellenz verbunden war. 
Am 16. Jänner 1666 wurden sieben neue Geheimräte ernannt, darunter 
auch Nidhard. Lisola berichtete hiezu unter dem 20. Jänner an den Kaiser: „Ich 
hoffe, daß infolge dieser Ernennung die Geschäfte einen besseren Fortgang haben 
werden und der Beichtvater der Königin seine so guten Absichten zur Verwirklichung 
bringen werde. Vorher hatte er nämlich diese Entschuldigung, daß er sich gemäß dem 
Institute seines Ordens an politischen Angelegenheiten nicht beteiligen könne und dadurch 
ist er selbst behindert gewesen und auch wir. Denn die einen hielten sich zurück, weil 
sie meinten, er mache alles; er selber aber hielt sich von der Politik ob dieses Gewissens¬ 
bedenkens ferne; und so blieb alles in Schwebe. Nachdem jetzt dieses Hindernis 
entfernt ist, werden wir bald sehen, ob die Dinge einen besseren Verlauf nehmen werden." 2) 
Nidhard gegenüber hob Lisola hervor, daß bei einer Nation wie der spanischen 
die Betätigung von Kraft und Entschlossenheit das einzige Mittel sei, alle sich geneigt 
oder unterwürfig zu machen. Er wies darauf hin, daß mit der Annahme dieser 
Ernennung die Berufung auf die Ordensregel hinwegfalle, daß fortan die Teilnahme 
an den politischen Angelegenheiten sich zur Pflicht gestalte.3) 
Anders Pötting, aus dessen Briefen man so oft die Stimmen der Neider 
und Hasser Nidhards zu hören glaubt. Pötting, der sich auch gerade mit Lisola, 
den er ohnehin immer mit höchst eifersüchtigen Augen betrachtete, entzweit hatte, klagt in 
seinen Berichten vom 28. Jänner, 11. und 25. Februar 1666, daß die Ernennung 
der neuen Geheimräte der bestehenden Zwietracht nur neue Nahrung geben dürfte; 
Nidhard werde immer verhaßter, er lasse sich jetzt Exzellenz nennen, was sogar 
der päpstliche Nuntius tadle; er gebe dreimal in der Woche in seiner Zelle öffentliche 
Audienzen und benehme sich als erster Minister ; dabei bleibe aber alles liegen; 
mit Pötting verkehre er wenig, habe auch nicht Zeit dazu, da er an allem teilnehmen 
wolle; um ihm die Stelle des Großinquisitors unzugänglich zu machen, behaupteten seine 
Gegner, seine Eltern seien „der widrigen (lutherischen) Religion" gewesen. Man hätte 
auch Pötting hineinziehen wollen, der doch Nidhard erst in Spanien kennen gelernt habe. 
Der Kaiser, der sich mit dem offenen Hervortreten Nidhards nicht befreunden 
konnte, antwortete unter dem 31. März: „Daß Nidhard so artige demonstrationes 
(öffentliche Kundgebungen) mache, miror (wundert mich), hoffe aber, er werde 
schon sich komponieren (benehmen), wie ich ihn stetig anmahnen thue. Aber ich 
meine, seine aemuli (Nebenbuhler) hängen ihme darinnen auch manches Klampfel4) an." 
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1) Joh. B. Weiß, Weltgeschichte X3. @. 258: „Auf seinen Rat nahm Maria Anna den 
rechtschaffenen Nidhard in den Staatsrat auf". 
2) Bei O. Klopp a. a. O. S. 382. 
3) Ebd. S. 131. 
4) Die Herausgeber der „Privatbriefe Kaiser Leopold 1." schreiben „Klappele", setzen 
ein Fragezeichen dazu und weisen in der Anmerkung auf den volkstümlichen Ausdruck „ein 
Klampfel anhängen" (das heißt verleumden) hin; die Schriftzüge des Kaisers sind sehr 
schwer lesbar.
	        
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