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Mehr als einmal erzählen uns unsere Märchen, daß oft förmliche Rätsel¬
kämpfe stattfanden, bis derjenige, der die Lösung nicht zu finden wußte, beschämt
abtrat. Es war das eine Art Volksunterhaltung, die noch nicht ausgestorben ist.
In dem Trougemundesliede, das in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts auf¬
gezeichnet wurde, aber jedenfalls älteren Ursprunges ist, finden sich schon zahlreiche
Rätsel in deutscher Sprache. Diese Literatur schwoll immer mehr an, wurde im
15. und 16. Jahrhundert vielfach ins Unsittliche und Zotenhafte herabgezogen
und ist jetzt noch unter dem Volke sehr beliebt. Wirklichen Wert haben nur die
echten unter und aus dem Volke entstandenen Rätsel, nicht aber jene witzig sein
sollenden, aber manchmal unendlich blöden und unsittlichen angeblichen Rätsel, von
denen uns gewisse Verleger, wie seinerzeit Ph. Kraußlich in Urfahr-Linz, ganze
Sammlungen beschert haben. Schon der Titel verrät den Inhalt, z. B. „Aller¬
neuestes Rätselbuch. Eine Sammlung der kurzweiligsten und pikantesten Scherzfragen."
Vor solchen Machwerken kann das gute Volk nicht genug gewarnt werden. Wir
stimmen Sohnrey und Löber aus ganzem Herzen zu, wenn sie in ihrem schönen
Buche „Das Glück auf dem Lande" schreiben: „In jede Dorfbibliothek gehört ein
gutes Rätselbuch, und jede Spinnstube („Rockaroas," Mühlviertlerisch) soll, wenn
nichts anderes getrieben wird, sich auch die Zeit und Weile mit Rätselknacken ver¬
treiben." Eines der ausführlichsten und besten deutschen Rätselbücher ist das von
Karl Simrock, von dem aber seit 1874 keine neue Auflage erschienen ist. Es
enthält 1400 Rätsel, und zwar eigentliche Rätsel, also nicht Charaden, Logogryphe,
Homonyme u. a., die dem einfachen kräftigen, vielfach sogar dichterischen Volksrätsel
den Stempel des Fremdartigen aufdrücken und von denen daher in diesem Aufsatze
abgesehen wurde.
Im Folgenden bringen wir 34 echte, alte deutsche Volksrätsel, von denen
die ersten zwanzig in Haslach und Umgebung gesammelt sind, während der Rest
aus verschiedenen Teilen Oberösterreichs stammt und der höchst schätzenswerten
Arbeit von P. Amand Baumgarten: Das Jahr und seine Tage in Meinung und
Brauch der Heimat (Gymnasialprogramm von Kremsmünster 1860) entnommen ist.
Weitere wirkliche und echte Volksrätsel aus dem Mühlviertel erbittet der Leiter
dieser Beiträge, G. Vielhaber, an seine Adresse nach Schlägl.
1. Welches Ding hat neun Häut und beißt alle Leut? (Die Zwiebel.)
2. Was geht ins Holz und läßt die Hörner heraußen? (Der Neiger [Bohrer].)
3. I bin tauft und do koan Christ,
I bin die Seel, die niemand ist,
I hab nia was gstoln und nia was empfangn,
Und wir do von den Menschenhand aufghanga. (Die Glocke.)
4. Was geht ins Bad und laßt d'Wampn heraußt? (Die Tuchat.)
5. Geht af und zua
Und braucht koa Schnur. (Der Mund.)
6. Braun niada, grean af, blob üba si draf. (Der Haar [Flachs].)
7. Was ist das Überflüssigste in der Kirche?
(Das Dachl über der Kanzel, wal's drin nöt rögnt.)
8. Was geht weiß ins Bad und braun heraus? (Der Krapfen.)
9. Wer ist gestorben und nicht geboren? (Adam und Eva.)
10. Was liegt im Holz und flent dahoam? (Das Kind in der Wiege.)
11. Was ist das: Vorn wia a Gabl, hint wia a Besn und in der Mitt wia
a Faß? (Die Kuh.)
12. Es geht ums Haus und grabt Grüabl aus? (Der Regentropfen.)