Volltext: Zweites Bändchen. (2. 1913)

— 17 — 
dem Weibe, das allein zu Hause geblieben war, Hände und Füße kreuzweise zu¬ 
sammen, stopfte ihm einen Knebel in den Mund, warf es unter die Bank und 
raubte das Geld, das die Leute kurz vorher für ein Kalb eingenommen hatten. Als 
die Hausgenossen vom Amte heimkamen, befreiten sie das Weib aus seiner unan¬ 
genehmen Lage. An einem Jahrmarktstage begegnete ihm ein Weib mit einem Kranz 
gekaufter Milchhäfen um den Hals. Er drohte, es umzubringen. Das Weib bat, schrie 
und jammerte um sein Leben. „Wenn du mit deinen Häfen auf diesem Baum hinauf¬ 
steigst", sagte er, „so will ich dir das Leben schenken." Mit Mühe gelang es dem Weibe. 
Als es droben war, zielte er und schoß es unbarmherzig herunter. Einmal wollte er 
in das Häusel meines Vaters einbrechen. Er wurde gehört, gegenseitig wurden Schüsse 
gewechselt, mein Urgroßvater hatte, um mit dem Pulver besser hantieren und laden zu 
können, das Licht in den großen Kachelofen geborgen. Von diesem Drucker Franzl glaubte 
man allgemein, daß er mit der Schwarzkunst vertraut sei und daß ihn daher keine 
Kugel von Blei treffen könne. Sein Treiben wurde immer ärger, es wurde ein Preis 
auf seinen Kopf ausgesetzt, aber niemand konnte sich diesen verdienen. So wurden denn 
200 Mann bayrisches Militär (Kriegwald ist unmittelbar an der bayrischen Grenze) 
ausgeschickt, die das Wäldchen, wo er sich aufhielt und das unmittelbar an die Seitel- 
schlägergründe grenzt, besetzten. Er kam ihnen in einer sehr schönen Uniform entgegen 
und sie salutierten ihm sogar. Die Kugeln fügten ihm keinen Schaden zu. Da fiel es 
einem ein, das Gewehr mit einer gläsernen Kugel zu laden. Die traf ihr Ziel und 
der Unhold wurde zu Tode verwundet. Er soll sich übrigens in seinen letzten Augen¬ 
blicken bekehrt haben und eines reumütigen Todes gestorben sein. Nach diesem Kriege 
gegen den Drucker Franzl soll die ganze Gegend, in der nachher ein Häusel um das 
andere erbaut wurde, den Namen Kriegwald oder Krieghäusel erhalten haben. 
Eine andere Greueltat, die hier vorfiel, knüpft sich an ein ehemaliges Gasthaus, 
das „in der Scharten" hieß. Das Verbrechen wurde am Abende des heiligen Weih- 
nachtsfestes begangen. Der Hausherr hatte bereits auf den Braten Appetit, den er nicht 
gleich befriedigen konnte, weil sein Weib noch zuvor die Schweine zu füttern hatte 
und weil die Magd sich nicht rührte, der Frau zu helfen. Sie schickte sich gerade an, 
in den Stall zu gehen, als der über das lange Ausbleiben des Essens erbitterte Mann, 
der ein langes Messer in der Hand hielt, ihr dieses in den Bauch stieß. Die Frau 
sank um und war tot. Als der Ehemann sah, was er angerichtet hatte, griff er nach 
seinem Stocke und entfernte sich in Begleitung seines treuen Hundes. Er ging in der 
Richtung gegen den Mühlfluß und ertränkte sich in diesem bei dem zwischen Berdetschlag 
und Seitelschlag gelegenen Schwarzholz. Als der Hund allein ohne seinen Herrn zurück¬ 
gekehrt war, folgte man im Schnee seiner Spur und fand den Toten auf. Die Kinder 
waren glücklicher Weise schon so erwachsen, daß sie die Wirtschaft fortführen konnten. 
Doch nun zu etwas Lustigem, zum Schwärzen, wozu das hart an der Grenze 
gelegene Kriegwald förmlich einladet. Einer dieser Schartner hatte ein Roß, das im 
Munde der Leute der Satan hieß. Es war so gut zum Schwärzen abgerichtet, daß 
es sich niemals mit einer Fuhr Garn erwischen ließ. Einst beförderte sein Herr 
mit ihm von Aigen eine schwere Last der allerteuersten Garne. Eine Kellnerin daselbst 
erkannte ihn und verriet ihn. Als er in Ulrichsberg angekommen war, warteten bereits 
Grenzausseher auf ihn, die ihn aufforderten, das Garn zum Mauthaus zu bringen. 
Sein treuer Knecht lenkte das Gespann, der Schartner floh heimwärts. Einer ge¬ 
heimen Abmachung zwischen beiden zufolge warf der Knecht oftmals mit der Fuhr 
um, so daß immer wieder aufgeladen werden mußte. Mittlerweile wurde es Nacht, 
bis der Knecht beim Schrankbaum ankam. Dort aber warteten versteckt schon dreißig 
mit Hacken bewaffnete, vom Schartner, der längst heimgekommen war, dorthin
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.