Volltext: Erstes Bändchen. Beiträge zur Landes- und Volkskunde des oberen Mühlviertels. (1. 1912)

— 92 — 
 
Das Jahr und seine Tage im bäuerlichen Leben 
des oberen Mühlviertels. 
(Ergänzungen von Johannes Winkler, Pfarrer in Oepping.) 
 
Die „Antlaßeier" helfen und schützen nach dem Volksglauben gegen ein 
heranziehendes Gewitter. Man nahm in diesem Falle ein Antlaßei, legte es auf 
die hölzerne Ofenschüssel, die zum „Einschießen" der Brotlaibe diente und „Einschießen" es 
so samt der Schüssel auf den Misthaufen. Diese Prozedur hemmte das Heranrücken 
des Gewitters. Gegen Wetternot und -Gefahr schützte auch ein um den Hals ge¬ 
bundenes Säckchen, enthaltend den Kopf einer Blindschleiche, eine Fuchszunge und 
eine Elefantenlaus; was letzteres eigentlich war, weiß jetzt niemand mehr, man 
bekam es aber in jeder Apotheke. 
 
Am Ostersonntag sah man die Mädchen und Mägde des Hauses nach 
dem Gottesdienste eilends nach Hause laufen, was für die Hühnerzucht von großer 
Tragweite war. Denn, wenn die „Buabn" vor ihnen zuerst heim kamen, dann 
brüteten die Hennen in jenem Jahre viel mehr „Hühner" als Hühnchen zum 
Verdruße der Bäuerin aus. 
 
Große Not hatte man am Johannestage (24. Juni) mit den Hexen 
die an diesem Tage sämtliche losgelassen waren. Man konnte sich aber gegen sie 
schützen, wenn man vor Sonnenaufgang gewisse Kräuter pflückte und bei sich trug. 
Damit eine Hexe im Stall nicht schaden konnte, durfte man ein Grastuch ja 
nicht in der Weise auflegen, daß alle vier Bänder (Zizeln) ausgestreckt lagen, sondern 
so, daß wenigstens ein Zizel eingeschlagen war. Auch sicherte vor Hexerei, vor der 
Mahd eine Handvoll Gras auszuraufen und auf das Grastuch zu legen. Dadurch 
war die Macht der Hexen im Stalle gebrochen. Aengstlich sah man darauf, daß 
die vier Zizel des Grastuches, wenn es aufgehängt wurde, nicht herabhingen. (So 
in der Peilsteiner Gegend.) Uebrigens mußte man sich gegen das Hexengesindel zu 
helfen wissen. Hatte man ein Weib einigermaßen mit Grund als Hexe im Verdacht, 
so schnitt man aus einer Dornenstaude sehr bald in der Frühe eine derbe Rute 
und peitschte damit den nächstbesten Maulwurfshügel („Scherhaufen"), wobei man 
den Namen der Betreffenden nannte. Mit jedem Schlage wurde (so glaubte man 
stockfest und sicher) damit die Hexe getroffen und gezüchtigt. Nahm man diese Prozedur 
am Sitzbrett eines Abortes vor, so konnte man die getroffene Hexe oft genug plärren 
und heulen hören. Ihren bösen Einfluß äußerten die Hexen namentlich beim Butter¬ 
rühren. Daher wurde, bevor das Butterfaß verschlossen wurde, immer ein wenig 
Weihwasser darein gegeben. Wenn eine Bäurin beim Butterausrühren gar nichts 
mehr ausrichten konnte, so holte man (in der Schlägler Gegend) einen bekannten 
Hexenmeister von der bayrischen Grenze; der half dann mit glühend gemachten 
Steinen, die er in den Kübel warf und mit denen er ausrührte. In diesem Falle 
und in aller Zukunft hatte die Not ein Ende. Damit aber die Hexe auch ihren 
Teil abbekäme, wurde sie in der oben beschriebenen Weise mit der Dornenrute 
abgefertigt. 
 
Von den Hochzeitsgebräuchen ist noch zu erwähnen, daß beim Braut¬ 
güterführen und beim Gang aus der Kirche häufig der Zug von kleinen Buben an engen 
Wegstellen mit Ketten oder Seilen aufgehalten wird, das sogenannte „Verziagn" 
Der Brautweiser muß, ob er will oder nicht, mit etlichen Hellern den Durchgang erkaufen. 
 
Am Tage des Brotbackens freute sich jung und alt im Hause auf den 
Fiur-Zelten" (Feuer-Zelten). Die Bäuerin walkte nämlich weißen Brotteig zu 
fingerdicken Fladen und legte diese nach dem Herausnehmen der Brotlaibe in den
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.