Volltext: Erstes Bändchen. Beiträge zur Landes- und Volkskunde des oberen Mühlviertels. (1. 1912)

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Dann ist ein üppiges Abendessen, bestehend aus fettem, frischem Schweinefleisch 
mit Krautsalat, daher der Name „foaste Rauhnacht." Der Gebrauch, die Buchstaben 
C. M. B. auf die Türen zu schreiben, ist der letzte Rest der Sitte, am Feste der 
heiligen drei Könige die wichtigsten Daten des Kalenders, die in der Kirche von 
der Kanzel verkündigt wurden, vom künftigen Osterfeste ausgehend, auf die Türe zu 
schreiben. Noch heute verkündet in der Kirche San Bernardo in Rom an diesem 
Tage ein Priester im Ton der gesungenen Epistel die Hauptfeste des Jahres. In 
der Kirche zu Oepping befindet sich der Lederdeckel eines alten Kalenders, worauf 
das Bild der heiligen drei Könige eingepreßt ist. 
Die „Sternsinger" kommen ab und zu um diese Zeit in die Häuser mit 
einem Uhrkasten, in dem sie einen blinkenden Stern kreisen lassen und dazu höchst 
primitive Marien- und Krippenlieder singen. Ihr Lohn ist zwei Kreuzer oder ein 
Buschen Werg. 
Im Winter macht der Tod reichliche Ernte, besonders unter den älteren 
Personen. Und so kommen wir zur Besprechung der übrigens nicht gerade mannig¬ 
faltigen Totengebräuche. Mit peinlicher Aengstlichkeit trachtet man im Augen¬ 
blicke des Sterbens ein Wachslicht anzuzünden und die Wanduhr zum Stehen zu 
bringen. Der Verstorbene, falls er ein Mann ist, wird sauber rasiert, mit dem 
Sonntagsanzuge bekleidet, jedoch ohne Rock, sondern immer in weißen Hemdärmeln 
und mit weißen Strümpfen angetan auf der Stubenbank aufgebahrt. „Wia mei 
Vader af da Bänk glegn is," hört man daher oft sagen. Daneben brennt ein 
Oellämpchen und dabei steht Weihwasser. Das Wasser, womit die Leiche gewaschen 
wurde, muß sofort in einen Fluß oder Bach getragen werden und darf ja nicht auf 
den Boden gegossen werden, denn jeder, der zufällig über einen solchen „Ausguß" 
geht, muß bald sterben oder verfällt dem Wahnsinn. Am Abende des ersten und 
zweiten Tages kommen die Nachbarn und beten drei Rosenkränze und viele andere 
Gebete für den Verstorbenen, auch lesen sie rührende Abschiedsgespräche in Versen vor. 
Hierauf ist Bewirtung mit Schnaps und Brot. Am dritten Tage ist die Beerdigung. 
Man versammelt sich bei der Leiche, läßt sich wieder mit Schnaps und Brot re¬ 
gulieren, legt den Toten in den Sarg und nagelt diesen zu. Ein kleines Kruzifix, 
das der Aufgebahrte in den auf der Brust gefalteten Händen hatte und Heiligen¬ 
bilder werden dem Toten in den Sarg mitgegeben. Wieder beginnen Gebete, und 
schließlich bringt man den Sarg auf den Wagen. Zum Abschied vom Hause wird 
der Sarg, auf dem drei aufgeklebte Kerzlein brennen, dreimal auf der Türschwelle 
niedergesenkt mit den Worten: „Im Namen des Vaters . . .", worauf das Rosen¬ 
kranzgebet beginnt und von allen Begleitern bis zur Kirche fortgesetzt wird, wo 
die eigentliche Beerdigung nach kirchlichem Ritus stattfindet. Nach dem Seelengottesdienst 
ist im Gasthause die „Totensuppe", und zwar (wenigstens bisher) in den Pfarren 
von der bayrischen Grenze bis zur kleinen Mühl, sowie in den Pfarren Schwarzenberg, 
Ulrichsberg, Aigen und St. Oswald nur aus Bier und Semmelbrod bestehend, 
während weiter abwärts ein Essen, bestehend aus Suppe und mehreren Fleischspeisen, 
gereicht wird. Beim Nachhausegehen fallen die traurigen Blicke auf das „Bettstroh" 
des Verstorbenen, das auf irgend einen Acker hinausgebracht worden ist und bei 
dessen Anblick jeder Vorübergehende für den Verstorbenen betet. Dieses Stroh wird 
sogleich nach dem Tode aus dem Bette genommen und auf ein Feld gebracht, wo 
es erst nach einer oder zwei Wochen verbrannt wird. Dieser Brauch wird wohl 
ursprünglich einen sanitären Grund gehabt haben. Wenn ein Kindlein stirbt, so ist 
es Sache der Taufpatin, ihm ein weißes Totenkleidchcn anfertigen zu lassen. 
Rührend ist die Sitte, daß für jeden Verstorbenen am nächsten Sonntage nach
	        
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