Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

II. Kapitel 
Der kaiserliche Jüngling: die Anfänge des 
neuen Regimes 
„Leb’ wohl, meine Jugend“, so berichtet eine gut ver¬ 
bürgte höfische Tradition, war der Ausruf, mit welchem 
Franz Joseph seine Erhebung auf den kaiserlichen Thron 
begrüßte. Ob das nun richtig ist oder nicht, soviel ist 
sicher, daß der kaiserliche Jüngling die Schwere des ihm 
zugefallenen Loses vollauf begriff und daß er, wie seine 
Umgebung berichtet, sich mit großem Ernst und ungewöhn¬ 
licher Würde sogleich seinen Pflichten widmete. Schon 
hier sei bemerkt, daß Franz Joseph seinem natürlichen 
offenen Wesen gemäß deshalb, weil er die Bürde seines 
hohen Amtes sogleich erfaßte, sich doch die Freuden der 
Jugend nicht versagt hat, sobald er und sein Reich über 
die größten Gefahren erfolgreich hinübergekommen waren. 
Franz Joseph ist nie ein „Duckmäuser“ gewesen. Heuchelei 
ist derjenige menschliche Fehler, von dem in Franz Joseph 
wohl niemals auch nur eine Spur gefunden werden konnte. 
Darum soll schon hier gesagt werden, daß er keineswegs 
die reichliche üble Nachrede verdient, die ihm wegen an¬ 
geblicher „Libertinage“ von gewissen, zum Sittenrichtertum 
am wenigsten berufenen Kreisen der Wiener Gesellschaft — 
sowohl oben wie unten — in jenem trüben Jahrzehnt nach 
der Revolution angehängt worden ist und dauernd ein 
Bestandteil des auch republikanische Völker nicht ver¬ 
schonenden Literaturklatsches über europäische Souveräne 
und Höfe geblieben ist. 
Die ersten Wochen in Olmütz vergingen dem jungen 
Herrn begreiflicherweise sehr schnell mit der Erfüllung 
seiner ersten Pflichten der Repräsentation, mit den Emp¬ 
fängen der fremden Gesandten und vieler Deputationen 
aus dem Reiche, vor allem aber auch mit seiner Einführung 
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