Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

XIY. Kapitel 
Das Sinken des Reichsgedankens und die 
Entartung des Parlamentarismus in beiden 
Staaten der Monarchie 
Die Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus e im Jahre 1890 
hatten die Regierung Taaffe zweifellos geschwächt. Die 
neuerlichen Wahlsiege der demokratisch und nationali¬ 
stisch gesinnten Jungtschechen und die Entstehung einer 
alldeutschen Partei unter der Führung, Georg Schönerers, 
der schon seit Jahren das politische Evangelium der Ver¬ 
einigung der deutschen Länder Österreichs mit dem Reiche 
der Hohenzollern leidenschaftlich predigte, waren schlimme 
Anzeichen für den Weiterbestand des von Taaffe betrie¬ 
benen Schaukelspieles der Regierung, das zwar die Slaven 
mit den Deutschen nicht versöhnt, dafür aber die Einen 
gegen die Anderen geschickt ^jauszuapielen verstanden 
hatte. “Diese Regierungsweise hatte alle Parteien des Parla¬ 
mentes geschwächt, die hohe Bürokratie dagegen sehr 
gestärkt, ja wieder zum eigentlichen Herrn des Staates 
gemacht. Die deutsche Verfassungspartei war zwar noch 
der zahlenmäßig stärkste Verband im Abgeordnetenhause, 
erschien aber innerlich schon arg zerrüttet. Die häufigen 
und erfolgreichen Angriffe JDr. Luegers und der von ihm 
befehligten christlichsozialen Partei, nicht minder die 
Agitation derradikaleh” Nationalisten unter den Deutschen 
Böhmens hatten die Autorität der alten Führer der Partei 
stark erschüttert. Dennoch gelang es Taaffe nicht, die 
von ihm angestrebte Koalition mit den liberalen Deut¬ 
schen zustande zu bringen. Bei dieser Lage der Dinge und 
da das Aufstreben der jungen von Dr. Viktor Adler neu¬ 
organisierten sozialdemokratischen Partei ganz besonders 
eine starke Regierung zu erfordern schien, gelang es dem 
Finanzminister Dr. Steinbach, dem stärksten Vertreter 
386
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.