Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

und die Kraft hatte, nicht zusammenbrach, verdankte er 
der fast übermenschlichen Selbstbeherrschung und seeli¬ 
schen Größe seiner Gemahlin, deren Beistand ihn über 
die schwersten Tage hinüberbrachte. Einer Deputation des 
Reichsrates, die ihm das Beileid des Parlamentes aus¬ 
drückte, erwiderte Franz Joseph mit den denkwürdigen 
Sätzen: „Ich finde keine Worte, um die Dankbarkeit zum 
Ausdrucke zu bringen, die ich der Kaiserin schulde, die 
sich als eine so starke Stütze in diesen Tagen mir er¬ 
wiesen hat und demütig danke ich Gott, daß er mir eine 
solche Hilfe gegeben hat. Je weiter Sie diese Worte ver¬ 
breiten, desto mehr bin ich Ihnen dafür verpflichtet.“ 
Dennoch war es der Kaiser, der zuerst Trost fand. Die für 
ihn „ewig gleichgestellte Uhr“ des Dienstes am Reich 
und für sein Reich hielt ihn aufrecht und führte ihn auf 
den gewohnten Wegen pflichtmäßiger Arbeit innerer Be¬ 
ruhigung zu. Dennoch hat das furchtbare Ereignis mit der 
Zeit gewissen Einfluß auf Franz Joseph ausgeübt. Er ist 
von da an noch verschlossener gegen die Außenwelt, viel¬ 
fach auch schroffer gegen seine Umgebung gewesen, wie 
ein Mann, der von der Welt und vom Leben nicht mehr 
viel Gutes erwartet. Der Kaiserin gegenüber aber verdop¬ 
pelte er seine chevalereske Verehrung und die vollständige 
Unterordnung seines Willens unter ihre Wünsche. Er ließ 
sie fortan noch mehr als bisher ihr Leben sich selbst ge¬ 
stalten. Die unglückliche edle Frau, die in der schwer¬ 
sten Krise ihres Lebens so viel Kraft gezeigt, litt still 
und ist eigentlich nie ganz von dem Schmerze befreit 
worden, den ihr der Tod des einzigen Sohnes zugefügt. 
Der Rest ihres Lebens war ein Passionsweg. Sie ging auch 
von nun an immer in Trauerkleidung, die sie nur an dem 
Tage ablegte, als ihre Lieblingstochter im folgenden Jahre 
sich mit einem entfernten Vetter, dem Erzherzog Franz 
Salvator, vermählte. Für die auch körperlich vielfach lei¬ 
dende Frau kam die zweite Reihe der Wanderjahre. Es 
wurde still in der alten Hofburg und um den Kaiser, der 
in ungeschwächter Gesundheit in das siebente Jahrzehnt 
seines Lebens, das letzte des Jahrhunderts eintrat. 
2S Bedlich, Kaiser Franz Joseph 
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