Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

Dr. Adolph! Fischhof seine Ansicht über die Orientpolitik 
Franz Josephs und Andrässys in folgenden Worten dar: 
„Was sagen Sie zur Situation, welche Österreich dem 
Scharfsinne seines Andrassy verdankt? Eine gute Orient¬ 
politik wäre allerdings nur möglich gewesen auf der 
Basis einer vernünftigen inneren, die slavischen Volks- 
stämme nicht verletzenden Politik; da die orientalische 
Frage eine vorwiegend slavische ist. Den Panslavismus 
hätten wir durch, Entgegenstellen einer richtigen Idee 
zu besiegen vermocht, nicht durch Mobilisierung einer 
großen Armee. Die Begünstigung des slavischen Parti¬ 
kularismus hätte den panslavistischen Köder unwirk¬ 
sam gemacht. Ein Österreich aber, das seine eigene sla¬ 
vische Bevölkerung äbstößt', kann nicht Anziehungskraft 
üben auf die Slaven und Türken. Somit wurde eine gute 
und erfolgreiche Orientpolitik zur Unmöglichkeit; aber 
selbst das Schlechte hat seine Gradationen, und wir 
haben nach altösterreichischer Sitte uns des Schlimm¬ 
sten und Dümmsten befleißigt. Andrassy ist unser poli¬ 
tischer Benedek. Yom Nebel seiner Befangenheit um¬ 
hüllt, wie sein unglückseliger Landsmann vom Nebel 
bei Chlum, war er umgangen und im Rücken gefaßt, 
ohne es auch nur zu ahnen. Und die diplomatische 
Niederlage ist weit folgenschwerer, als seinerzeit die 
militärische war; denn diese schmälerte unsere Macht, 
jene bedroht unsere Existenz. Man hat in Wien, wie ich 
lese, der Rede Bismarcks mit großer Spannung entgegen¬ 
geharrt. Ich muß bekennen, daß sie mir von vornherein 
ziemlich gleichgültig war. Nicht die Allianz der Für¬ 
sten, nicht die entente cordiale der Diplomaten kann 
uns dauernd Heil bringen, sondern die Eintracht im 
Innern, das freundliche Zusammenleben aller Volks¬ 
stämme unseres Staates; denn die nationale Kluft wird 
dereinst das Grab der Monarchie.“ 
So weit sahen allerdings weder der Kaiser noch An- 
drässy, am allerwenigsten aber die Führer der deutschen 
Verfassungspartei, die vor allem an den Auslagen der 
Okkupation in langwierigen Reden mäkelten, wie Fisch¬ 
hof in demselben Briefe schrieb: 
„Selbst ein von uns gegen Rußland unternommener 
und siegreich durchgeführter Kampf könnte den Unter- 
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