Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

das war auch der Plan der Männer, die sich dem Hofe seit 
den Märztagen zur Verfügung stellten und denen der Hof 
vertrauen konnte. Unter solchen Umständen also trat der 
Zeitpunkt heran, in welchem der schmale Lebenspfad des 
17jährigen Erzherzogs unvermeidbar in die breite Heer¬ 
straße der Geschichte des Erzhauses und seines Reiches 
einmündet. Hier müssen wir einen Blick zurückwerfen 
auf jenen Pfad, der den ältesten Sohn der Erzherzogin 
Sophie durch Kinder- und Schulstube unmittelbar auf 
den Thron der ältesten Dynastie und Großmacht Europas 
führt. 
2. Die Erziehung des Thronfolgers 
Kaiser Franz Joseph hat eine glückliche Kindheit und 
Knabenzeit gehabt. Er ist vortrefflich erzogen worden und 
hat einen gründlichen, vielseitigen, vielleicht zu reichlich 
bemessenen Unterricht genossen. Er hat aber vor allem 
das gehabt, was man eine gute Kinderstube nennt. Körper¬ 
lich aufs sorgfältigste gepflegt, wuchs er zu einem schlan¬ 
ken, abgehärteten Jüngling heran von ausgezeichneten 
Manieren und tadelloser Haltung. Früh schon trat bei 
diesem Knaben eine seinen Jahren vorauseilende Selbst¬ 
beherrschung und ernste Grundstimmung hervor: dies 
hinderte nicht, daß er in seiner Kindheit mit seinen jünge¬ 
ren Brüdern und den dem Prinzen als Spielkameraden nahe¬ 
stehenden adeligen Altersgenossen nach Knabenart sich 
vergnügte und gute Kameradschaft hielt. Der Lehrplan, 
nach dem er unterrichtet wurde, zeigt, daß man dem Erz¬ 
herzog Franzi erstaunlich reichhaltigen Lehrstoff auf¬ 
erlegte. Sein angeborenes Sprachentalent wurde planvoll 
ausgenützt, als junger Kaiser sprach er dann ziemlich gut 
außer dem Deutschen das Magyarische und Tschechische, 
vorzüglich das Italienische und Französische. Sein deut¬ 
sches Sprachgefühl ist gut entwickelt worden, die leider 
nicht zahlreichen, selbst verfaßten Briefe Franz Josephs 
zeigen ihn als gewandten Briefschreiber, der seine Ge¬ 
danken in knappem Ausdruck wiederzugeben gewohnt ist2). 
2) Alexander von Helfert, der hochverdiente Geschichtsschreiber der 
Revolution von 1848 und ihrer Bekämpfung, gab schon vor mehr als 
einem halben Jahrhundert eine ausführliche Darstellung der Erziehung 
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