Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

Bevanche gegen Preußen in Franz Joseph lebendig und so 
schickte er sieh an, seine Begierung und seine Politik 
darnach einzurichten. Niemand konnte aber für eine-solche 
Politik ein besserer Helfer sein als Baron Beust, den er 
seit Jahren als treuen Freund Österreichs kannte. Beust 
war in ganz Deutschland als einer der geschicktesten 
Diplomaten anerkannt, genoß hohe Gunst und das volle 
Vertrauen des Kaisers Napoleon; er war denn auch gleich 
nach Königgrätz in geheimer Sendung für Franz Joseph 
nach Paris abgereist. Beust war überdies mit der Kunst, 
mit einer Kammer zu regieren, seit Jahren wohl bewandert, 
hatte auch bei den Liberalen in Deutschland zeitweilig 
Vertrauen gefunden. Daß er zu einer Politik der Bevanche 
gegen Bismarck, der ihn durch seine Presse immerfort ver¬ 
höhnen und grob angreifen ließ, bereit sein werde, war vor¬ 
auszusehen. Das war also der richtige Mann nach dem 
Sinne Franz Josephs in der Lage, in der er sich jetzt be¬ 
fand; seine Berufung gab von den eigentlichen Gefühlen 
und Ansichten des Kaisers mehr kund, als Franz Joseph 
in seiner bewunderungswürdigen Selbstbeherrschung sonst 
der Öffentlichkeit gegenüber offenbaren ließ. Minister 
waren nach Franz Josephs Anschauung doch nichts ande¬ 
res als — fügsame Werkzeuge. Jetzt war Beust das taug¬ 
lichste Werkzeug für seine Pläne und so berief er ihn 
ohne Bedenken. Erzherzog Albrecht1, der nunmehr wieder 
die höchste Gunst, ja den Bespekt seines Vetters, des 
Kaisers, genoß, pflichtete diesem Entschlüsse bei; die 
Kaiserin, die längst sehr wenig für Deutschland übrig 
hatte, scheint nicht ins Vertrauen gezogen worden zu sein. 
Belcredi wurde erst, nachdem der Kaiser den Entschluß 
gefaßt hatte, verständigt und war daher tief verstimmt. Zu 
diesem ehrlichen aber als Staatsmann unbeholfenen Ko- 
mantiker war der sächsische Minister in seinem zyni¬ 
schen Opportunismus der denkbar schärfste Gegensatz, 
und doch hatte Franz Joseph mit der Berufung Beusts 
das Bichtige insofern getroffen, als es ihm darauf ankam, 
den verschlungenen Knoten der inneren Politik des Beiches 
schnell zu lösen. 
Nach einigen Wochen des Sondierens in Wien und eif¬ 
riger Fühlungnahme mit den verschiedenen in Betracht 
kommenden Personen trat Beust überraschend mit der 
Deäk’schen Partei in unmittelbare Verbindung, indem er 
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