Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

ausschließlich dynastisch orientierten Außenpolitik Franz 
Josephs, dem weder Mensdorffs vornehme Zurückhaltung 
und Bescheidenheit, noch das1 nimmer rastende Grübeln 
des düsteren Zweiflers Esterhazy eine wirkliche Stütze 
bieten konnten. Drei Wochen hatte der Krieg gedauert: 
ebenso lange dauerte es, bis der Präliminarfrieden in Ni¬ 
kolsburg zustande kam. Unsagbar schwere Wochen für 
den neuerdings in seiner persönlichen Stellung, in seiner 
Selbstsicherheit aufs tiefste getroffenen sechsunddreißig¬ 
jährigen Kaiser. Die Friedensbedingungen, mit denen Preu¬ 
ßen sich schließlich zufrieden gab, erschienen aller Welt 
sehr milde. „Ich bin großmütig gegen Österreich gewesen, 
denn ich wollte keinen Krieg mit Frankreich“, sagte König 
Wilhelm im folgenden Jahre zum Grafen Beust. Das hatte 
Bismarck allein durchgesetzt. Dennoch waren die Fol¬ 
gen des verlorenen Krieges für Österreich die allerschwer¬ 
sten. Am wenigsten lag wohl an dem Verluste der alten 
Stellung des Erzhauses in Italien. Es ist bezeichnend, daß 
man bis zum letzten Augenblick auch in dieser Hinsicht 
auf dem Wiener Ballhausplatze mehr an den Papst und 
an den Kirchenstaat dachte als an alles andere. Zugleich 
war die alte Kaiserdynastie mit den deutschen Erblän¬ 
dern aus Deutschland ausgeschlossen worden: die Frage 
der staatlichen deutschen Einigkeit war nun zu Gunsten 
der Hohenzollern gelöst. Das wurde von Franz Joseph und 
dem ganzen Kaiserhause als schwerster persönlicher Pre¬ 
stigeverlust aufgenommen. An dieser großen Tatsache 
konnte die Selbständigkeit der süddeutschen Staaten, die 
Napoleon durchgesetzt hatte, nichts Wesentliches ändern. 
Wenige Wochen nach Unterzeichnung des Friedens schloß 
Bismarck seine geheimen Militärverträge mit Bayern, 
Württemberg, Baden und Hessen: damit war die preu¬ 
ßische Beherrschung Deutschlands schon erzielt. Die Wir¬ 
kung des Sieges trat nirgends so stark hervor wie in der 
öffentlichen Meinung Frankreichs, in der bereits die Be¬ 
sorgnis vor den Ereignissen hervortrat, in denen vier Jahre 
später das französische Kaiserreich wie in einem gewal¬ 
tigen Wirbel für immer verschwand. 
Der Verlust' an Prestige, den Franz Joseph persönlich 
erlitten hatte, schien anfänglich unsagbar: denn er hatte 
diesen Krieg noch ganz als Selbstherrscher geführt, wenn¬ 
gleich diesmal auch die Adelspolitiker mit ihm zusammen 
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