Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

und was im Wesen auf die vollkommene Beseitigung der 
Selbstherrschaft hinauslief, lehnte er kaltblütig ab. Bach 
zu entlassen, war er bereit gewesen, aber das von Bach ge¬ 
schaffene System der Einheitsmonarchie und der unbe¬ 
schränkten kaiserlichen Selbstherrschaft preiszugeben, lag 
ihm ganz fern. Daß die ihm zur Verfügung stehenden 
1 Machtmittel in den deutsch-slavischen Erbländern genü¬ 
gend stark seien, um etwaige revolutionäre Bewegungen 
niederzuhalten, davon war Franz Joseph überzeugt und 
damit hatte er auch zweifellos recht. In Wien und in den 
Provinzhauptstädten gab es im Mittelstände von 1848 her 
noch immer eine starke, dem Absolutismus widerstrebende 
Strömung. Aber da es ein wirklich politisches Leben in 
Österreich seit dem Jahre 1848 nicht mehr gab, fehlte es 
auch an entsprechender Organisation der liberalen Gesell¬ 
schaftselemente. Die noch immer geknebelte Presse ver¬ 
mochte kaum die an Zahl geringfügige Gruppe der po¬ 
litisch Gebildeten beisammen zu halten. Die breiten Schich¬ 
ten des Kleinbürgertums waren und blieben politisch passiv. 
| Die Arbeiterschaft war natürlich noch vollständig ausge¬ 
schaltet. So konnte es weder in Wien noch in anderen 
Städten zu einer Volksbewegung kommen, mit der die 
Regierung hätte rechnen müssen. In dem engeren Kreise 
der politisch Gebildeten mußte die Ernennung des pol¬ 
nischen Statthalters zum Minister des wichtigsten Res¬ 
sorts als ein wahrer Schlag ins Gesicht empfunden werden. 
Wer war Franz Josephs Berater bei solchen Schritten? Da 
man das nicht wußte, so sah man darin — gewiß nicht 
mit Unrecht — die politische Willensmeinung des Kaisers 
selbst, den Ausdruck des Trotzes, den er der Änderung des 
autokratischen Kurses entgegensetzte. 
Immerhin bequemte sich Franz Joseph unter dem Ein¬ 
flüsse des neuen Ministerpräsidenten, des Grafen Rech¬ 
berg, in das Manifest vom 15. Juli 1859, worin den Völkern 
der Abschluß des Friedens mitgeteilt wurde, das Verspre¬ 
chen aufzunehmen, daß er sich nun mit aller Kraft der 
Verbesserung der Gesetzgebung und der Verwaltung im 
Innern des Reiches zuwenden wolle. Das alsbald aus¬ 
gearbeitete Programm des neuen Ministeriums brachte 
jedoch der Öffentlichkeit neuerliche Enttäuschung, da 
man auf eine gründliche Reform des Staatswesens in 
liberalem Sinne gehofft hatte. Hier wurde in unklaren 
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