Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

dingungen zurückweist, Sie nicht mehr auf preußischen 
Beistand weder in materieller noch in moralischer Hinsicht 
rechnen dürften. E. M. sehen also, daß Sie durch die direkte 
Verhandlung mit mir gewonnen haben.“ Auf diese Freund¬ 
lichkeit Napoleons erwiderte Franz Joseph dankend am 
nächsten Tage mit dem ganzen Stolz des Habsburgers 
gegenüber dem Regenten Preußens, der in der Stunde 
höchster Gefahr für Österreich einen Zuwachs an Macht¬ 
stellung in Deutschland hatte abpressen wollen: „Ich 
würde niemals der Pression des europäischen Areopages 
nachgegeben haben und so beglückwünsche ich mich gegen¬ 
wärtig umsomehr, in direkte Verhandlungen mit E. M. 
eingetreten zu sein.“ 
Franz Joseph vergaß dabei, daß Napoleon ihm doch 
Waffenstillstand und Frieden selbst angeboten hatte, weil 
dieser wegen Preußens und Deutschlands Stellungnahme 
große Sorge trug, die in der folgenden Woche noch anstieg, 
als er die Nachricht von der Mobilisierung des Bundes und 
Preußens empfing. Franz Joseph hatte hier wieder durch 
seine Überstürzung große Chancen aus der Hand gegeben: 
so empfindlich verletzte ihn jeder Versuch der Berliner 
Regierung, Preußens Stellung im Deutschen Bunde der 
Österreichs mindestens anzugleichen. Der junge Kaiser 
fühlte die, seiner Meinung nach, durch den Prinzregenten 
bewiesene Gegnerschaft so tief, daß das Manifest, mit 
welchem er seinen Völkern den Abschluß des Friedens 
anzeigte, unverhüllt schweren Vorwurf gegen Preußen ent¬ 
hielt: seine ältesten und natürlichsten Bundesgenossen 
hätten ihn im Stiche gelassen und sich hartnäckig der 
Erkenntnis verschlossen, welch hohe Bedeutung die große 
Frage des Tages in sich trage. Die tiefe Verstimmung 
zwischen den beiden Souveränen dauerte noch lange fort 
und wich erst, nachdem durch König Max von Bayern eine 
Zusammenkunft König Wilhelms mit Franz Joseph zu 
Teplitz am 26. Juli 1860 zustande gebracht worden war6). 
6) Wie König Wilhelm sein. Verhalten Franz Joseph gegenüber selbst 
aufgefaßt haben wollte, geht aus einem Briefe hervor, den er am 17. Juli 
an König Johann von Sachsen schrieb. Es heißt daselbst: „Der Kaiser 
von Österreich hat mir seinen Adjutanten gesandt, um mir eine Zu¬ 
sammenkunft vorzuschlagen. In diesem seinerseits gethanen offiziellen 
Schritt einer Annäherung gegen Preußen will ich eine stillschweigende 
Genugthuung für des Kaisers Friedensmanifest des vorigen Jahres er¬ 
kennen. Bekanntlich sagte er in demselben, daß Österreich durch seine 
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