Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

Die Pläne für die Vermählung des jungen Kaisers, welche 
inzwischen seine Mutter längst gesponnen hatte, gewannen 
in den sorgenvollen Wochen nach Kranz Josephs Ver¬ 
wundung einen starken Antrieb: wohl auch bei ihm selbst. 
Denn alle Menschen, die als erbliche Herrscher auf Thronen 
sitzen, sind von dem heißen Wunsch erfüllt, die Thron¬ 
folge dem eigenen Blute zu sichern und die anderen Linien 
des Hauses für die Zukunft vom Throne zu verdrängen. 
Daraus erwächst ja auch in den meisten Fällen jenes 
eigentümliche Gefühl der meist nur mühsam verdeckten 
Ranküne der Dynasten gegen ihre nächsten Agnaten und 
wiederum dieser gegen den Chef des Hauses, wie es zum 
Beispiel Franz Joseph in seinem Verhältnis zu seinem 
Bruder Ferdinand Max empfand. Ist doch auch im Erz¬ 
hause der wichtigste Satz, den das alte Fürstenrecht und 
auch das erst im Jahre 1839 in endgültige Fassung 
redigierte Familienstatut des Hauses Habsburg-Lothringen 
enthält, derjenige, der den Kaiser zum unbeschränkten 
Herrn des Hauses erklärt, dem alle Erzherzoge und Erz¬ 
herzoginnen unbedingt unterworfen erscheinen. Daß dieser 
in der Praxis bis zur Rechtlosigkeit der Mitglieder der 
Dynastie führende Grundsatz des Fürstenrechtes keine 
bloße Floskel, sondern gerade noch im 19. Jahrhundert1 
bitterer Ernst war, wird durch die zahlreichen tragischen 
Konflikte und Vorgänge im Hause Österreich bewiesen, 
die sich von 1848 bis zum Untergang des Reiches ereigneten. 
Franz Joseph hatte seiner Mutter zu verstehen gegeben, 
daß er ausschließlich nach eigener Wahl heiraten werde. 
Das bedeutete für die kluge und herrschgewohnte Frau 
wohl nur, daß sie umso mehr darauf achten müsse, diese 
Wahl selbst zu lenken. Sie war von vornherein dazu ent¬ 
schlossen, die künftige Kaiserin von Österreich in dem 
engeren Kreise ihrer eigenen Familie zu finden: die älteste 
Tochter ihrer Schwester Ludovika, Prinzessin Helene von 
Bayern, hatte sie dazu aus ersehen. Zur Durchführung ihres 
Planes hatte sie ihre Schwester und deren Gatten ein¬ 
geladen, mit beiden Töchtern während des Sommers 1853 
einige Zeit in dem einfachen Landhause der kaiserlichen 
Familie in Ischl zuzubringen. 
Wie nun die Dinge im einzelnen verliefen, ist nach den 
verschiedenen, hierüber erhaltenen Traditionen nicht ganz 
klar zu sehen. Soviel aber ist sicher, daß Franz Joseph 
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