Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

hindurch Offiziere und Mannschaften zu straffem Gehor¬ 
sam und möglichst knapper Ausdrucks weise zu erziehen! 
Man muß aber deshalb nicht glauben, daß des jungen 
Kaisers Verschlossenheit, daß sein zurückhaltendes, der 
eigenen Stellung voll bewußtes Wesen, seine Abneigung 
gegen weitläufige, ihm wertlose Gespräche und seine auf 
Entschlüsse und Befehle kurz hinauslaufende Art, Re¬ 
gierungsgeschäfte zu besorgen, ihn vielleicht hätte un¬ 
beholfen erscheinen lassen oder ihn vielleicht daran ge¬ 
hindert hätte, sich bei viel älteren Personen vollen Respekt 
zu verschaffen. Das gerade Gegenteil ist der Fall. Vor 
allem hatte er in der ganzen europäischen und deut¬ 
schen Eürstenfamilie — beide fielen größtenteils zusam¬ 
men — schnell einen sehr guten Ruf gewonnen. Vom säch¬ 
sischen Königshause wurde er überall als der begabteste 
junge Herrscher Europas gefeiert. Die gute Meinung des 
Zaren ist schon oben angeführt worden, und die vertrauten 
Briefe Friedrich Wilhelm IV. von Preußen an ihn und 
andere deutsche Souveräne zeigen, daß man in Berlin sehr 
bald anfing, mit des jungen Kaisers Persönlichkeit und 
Willen ernsthaft zu rechnen. In dem Kreise der großen 
Fürstenfamilien hat sich Franz Joseph zweifellos freier 
und deshalb auch rückhaltloser gegeben, als er dies in 
seinem eigenen Reiche tat, selbst im Verkehre mit dem 
hohen Adel, den er lange Jahre hindurch als einzige, ihm 
gegebene Möglichkeit zum persönlichen Umgang sah. Des¬ 
halb erschien seine Persönlichkeit den Fürsten, aber auch 
den Botschaftern und Gesandten, mit denen er persönlich 
verhandelte, viel stärker als seinen eigenen Ministern und 
Generälen, denen er in jenem Lebensabschnitte zunächst 
nur ein gemessenes Vertrauen schenkte und nur mit be¬ 
wußter Zurückhaltung und starker Betonung der kaiser¬ 
lichen Allmacht gegenüberzutreten pflegte. 
Ein so kluger und scharfer, dabei in Charakter und Er¬ 
ziehung von Franz Joseph vollständig verschiedener Beob¬ 
achter, der Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha, hat 
vielleicht das beste Bild von dem jungen Kaiser gegeben, 
den er im Frühling 1852 zum ersten Mal sah und bei länge¬ 
rem Besuche gut kennen lernte. Herzog Ernst schreibt an 
seinen Bruder, den Prinzgemahl der Königin Viktoria, der 
übrigens für Franz Joseph gar keine Sympathie besaß, 
folgende Schilderung: 
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