Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

Daher mußte vor allem die materielle Macht des Mon¬ 
archen, die Vorbedingung der Durchführung von Ent¬ 
schlüssen und Verfügungen, aufrechterhalten werden, also 
die Polizei und die Armee, freilich mußte auch das wirt¬ 
schaftliche Leben der Bevölkerung, von dem Steuern und 
Abgaben entrichtet werden, gefördert werden. Dafür hatten 
allerdings die Minister Hauptarbeit zu leisten: sie waren 
ihm und nur ihm dafür verantwortlich. War diese Auf¬ 
fassung, in die Franz Joseph hineinerzogen worden ist, 
schon damals vom europäischen Standpunkt sehr veraltet, 
so war noch bedenklicher, daß er sich zum Teil noch tech¬ 
nisch veralteter Hilfsmittel bediente, an die Ersprießlich¬ 
keit einer durch Beamte geübten „väterlichen“ Regie¬ 
rungsweise glaubte, wie sie im 18. Jahrhundert aber 
selbst in Österreich nicht mehr in der zweiten Hälfte des 
19. Jahrhunderts am Platz war. 
Man muß bei allem dem bedenken, daß Franz Joseph 
als junger Mann sehr stark an der den regierenden Herren 
meistens zu eigen gewesenen „Scheu“ oder Schüchtern¬ 
heit im persönlichen Verkehr mit ihm fernstehenden Per¬ 
sonen litt: eine Lebenshaltung, die um so begreiflicher 
dort ist, wo das Gefühl für die Bedeutung und Höhe der 
eigenen Stellung und der eigenen Macht so stark ent¬ 
wickelt ist, wie bei dem jungen Franz Joseph. Wußte er 
doch, daß die geringste seiner Äußerungen oder Andeutun¬ 
gen nicht nur an seinem Hofe, sondern überall im Reiche 
und darüber hinaus herumgetragen und ausgenützt werden 
würde. Ihm war daher auch Leutseligkeit und vollends die 
„Gemütlichkeit“ seiner beiden Vorfahren auf dem Throne 
fremd. Er mochte auch wissen, wie wenig diese Art sich 
zu geben, für den wirklichen Herrscherberuf bedeutete, 
mochte auch fühlen, daß bei seinem Großvater solche 
„Gemütlichkeit“ nur eine Maske gewesen war, die seine 
innere Kälte den Menschen gegenüber verdecken sollte. 
Das Überwiegen des militärischen Denkens und Emp¬ 
findens hinderte überdies Franz Joseph an solcher „Ge¬ 
mütlichkeit“ von vornherein. Der junge kaiserliche Offi¬ 
zier, von Knabenzeit an die knappe, formelhafte militä¬ 
rische Denkweise gewöhnt, fühlte die Notwendigkeit, 
sich auch seinerseits in dieser Hinsicht militärisch zu 
geben. War es doch' gerade in dieser Zeit in der öster¬ 
reichischen Armee üblich geworden, durch alle Ränge 
ia* 
179
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.