Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

er sich nun einmal diese Linie seines Verhaltens vorge¬ 
schrieben, so hielt er sie auch mit aller Kraft fest. Er 
widerstand dem Andringen beider Parteien, die sich wäh¬ 
rend der Jahre 1854—1856 wie in der ganzen Welt auch an 
seinem Hofe und in seiner Generalität bildeten und von 
denen die eine den Krieg gegen Rußland predigte, die 
andere eine Allianz mit Preußen und Rußland gegen Napo¬ 
leon vertrat. So kam der nächste ernste Schritt, den Eranz 
Joseph unternahm, die verhängnisvolle Sommation vom 
3. Juni 1854 zustande, die er an den Zaren sandte, des In¬ 
haltes, daß Rußland zu einem möglichst nahen Termin 
die Donaufürstentümer räumen müsse und die Donau nicht 
überschreiten dürfe. Zur Sicherung dieser Politik suchte 
Eranz Joseph sich zunächst mit Preußen zu verständigen. 
Durch persönliche Korrespondenz mit seinem Oheim Fried¬ 
rich Wilhelm IV. und durch die Entsendung des Generals 
Heß, des vortrefflichen Gehilfen Radetzkys, gelang es dem 
Wiener Kabinett ein Defensivbündnis mit Preußen abzu¬ 
schließen, das durch nachfolgende Verhandlungen für 
den Fall der Überschreitung des Balkans durch russische 
Heere zu einem Offensivbündnis erweitert wurde. Alle Be¬ 
mühungen waren auch darauf gerichtet, den Deutschen 
Bund zum Beitritt zu diesen Verabredungen zu bewegen. 
Damit war Rußlands Isolierung in Europa festgelegt: aller¬ 
dings war damit auch der Bruch zwischen dem Zaren und 
Franz Joseph unheilbar geworden. In der Tat mußte sich 
Nikolaus entschließen, die Moldau und die Walachei zu 
räumen. Dies wurde dadurch erleichtert, daß nach dem 
Eintritt der Westmächte in den Krieg und nach einigem 
Zögern derselben die Krim zu ihrem Angriffsobjekt auser¬ 
sehen und infolgedessen der Kampf dorthin verlegt wurde. 
Zwischen Rußland und Österreich trat somit ein Zustand 
ein, der mit der tiefen Erbitterung des russischen Hofes 
und weiter Kreise der russischen Gesellschaft, mit der am 
Wiener Hofe nunmehr hervortretenden scharfen Gegen¬ 
überstellung der beiden Parteien östlicher und westlicher 
Orientierung, schließlich mit der fortwährenden Steige¬ 
rung der finanziellen Lasten, welche die als notwendig 
erachteten Rüstungen Österreichs mit sich brachten, sich 
von offener Feindseligkeit nur wenig unterschied. 
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