Volltext: Oesterreichs Heldenkampf

und kämmten die gelockerten Brustwehren ab. An einer Stelle räumte 
eine einzige Granate ein langes Stück der Brustwehr so weg, wie man 
mit einem Messer ein Häuflein Mehl wegschiebt. Eine zweite sauste 
ihr nach, in den Graben hinein. Was sich in der Nähe befand, wa^ 
erledigt — tot, verbrannt, zerfetzt, zerrissen, verschüttet, begraben. Ein 
dritter Volltreffer hieb in einen Unterstand: von den zwanzig Leuten, 
die drinnen waren, atmete keiner mehr. Und schon wieder kam eine 
Granate angesaust... So ging das fort — unaufhörlich und stets ärger 
werdend. Und die zum Wahnsinn bringenden Maschinengewehre 
rasten — höllisch, teuflisch, legten nieder, mähten, fegten. 
Durch volle neun Stunden hatte sich das Regiment ohne jede 
Unterstützung und trotz der entsetzlichen Verluste, die es in ganz kurzer 
Zeit erlitten hatte, todesmutig und den Tod verachtend, gehalten. Es 
hatte sich unentwegt dem anbrausenden und anpfauchenden tausend¬ 
fältigen Verderben entgegengestemmt, hatte restlos aus sich heraus¬ 
geholt, was es hatte herausholen können, fortwährend von der leider 
trügerischen Hoffnung beseelt, es werde gelingen, Munition und Ver¬ 
stärkungen heranzubringen, so daß ihm ermöglicht werde, weiter vor¬ 
zudringen und den Gegner dorthin zu werfen, von wannen er gekom¬ 
men war. Neun Stunden hielt es in einer grausigen Hölle aus und 
es hätte wohl noch länger ausgehalten, wenn ihm nicht infolge des 
völligen Mangels an den notwendigsten Kampfmitteln die Umklam- 
nrerung durch den übermächtigen, stets verstärkt und frisch anwogenden 
Feind und die Gefangennahme gedroht hätte. 
Um etwa 7 Uhr abends trafen die traurigen, zermürbten und 
zermalmten Ueberreste des am frühen Morgen noch so stolzen Regi¬ 
ments der Wiener Einser bei der dritten Stellung östlich von Chorlupi 
ein, die nun befehlsgemäß besetzt wurde. 
So endete der Tag von Olyka. 
Eine Unsumme von gewaltigem Schmerz, den sich niemand auch 
nur vorstellen kann, ist an diesem unseligen 5. Juni erduldet worden. 
Ich habe derart grauenhafte Verwundungen zu sehen bekommen, daß 
meine Seele heute noch in sich zusammenschauert, wenn ich nur daran 
denke. Und all diese Helden, die nach ihrer Verwundung nicht selber 
das Schlachtfeld verlassen konnten, mußten liegen bleiben, wo das 
Geschoß sie ereilt hatte, denn die Sanitätsmannschaft konnte sie wegen 
des verheerenden feindlichen Feuers mit dem besten Willen nicht 
bergen. Da lagen denn ihrer unzählige mit den furchtbarsten Ver¬ 
letzungen hilflos im glühenden Sonnenbrand des Tages, in der 
fröstelnden Kühle der Nacht auf der verwüsteten Walstatt, von bren¬ 
nendem Durst gemartert, von Ungeziefer gequält, von gierigen Raben 
130
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.