Volltext: Die Dienstpflicht der Frau [17]

sundheitsgemäße Kleidung, beträchtlich an Boden gewonnen, 
so liegt die hauswirtschaftlich-soziale Erziehung — Wirtschaft¬ 
lichkeit und Haushaltungsführung im engeren Sinne, Weckung 
des sozialen Bewußtseins, Vorbildung für die Erfüllung der 
Mutterpslichten wie der sozialen Aufgaben — immer noch 
sehr im Argen. Wohl ist in dieser Hinsicht das öffentliche 
Gewissen schon erwacht, und viel mehr noch im Deutschen 
Reiche, aber auch in Österreich-Ungarn gehört der Besuch von 
Haushaltungsschulen, die Ausbildung in der Krankenpflege, 
die Mitarbeit in der sozialen Hilfstätigkeit, der Besuch von 
sozialen Kursen zur modernen Mädchenbildung. 
Doch allen diesen, an sich recht anerkennenswerten Be¬ 
strebungen fehlt der leitende Gedanke, die Weihe des bewußten 
Wertes. Was aber unserer ganzen Mädchenerziehung völlig 
mangelt, das ist jene höchste staatsbürgerliche Erziehung, die 
den Einzelnen trotz des regsten Eigenlebens, ja eben deshalb, 
seine höchste Aufgabe darin erblicken läßt, ein nützliches 
Glied eines großen Ganzen zu sein. Jene staatsbürgerliche 
Erziehung, die auch die Frauen jene wahre, edle Demokratie 
lehrt, die unsere Männer draußen im Kriege gelernt haben, 
wo die Schätzung eines Menschen nur von seiner Tüchtigkeit, 
seinem inneren Werte, nicht aber von den Zufälligkeiten 
äußerer Umstände abhängt. Eine Erziehung zu Unterordnung, 
Selbstüberwindung und Gemeinsinn, die Standesunterschiede 
aufhebt, um Wertunterschieden eine desto höhere Anerkennung 
zu verschaffen? 
Die Frage der weiblichen Dienstpflicht, d. i. einer Vorbe¬ 
reitung der Frau auf ihre staatsbürgerlichen und mithin auch 
menschlichen Pflichten, hat — begreiflicher Weise — im gegen¬ 
wärtigen Weltkriege die Gemüter heftig bewegt. Eine ganz 
ansehnliche Literatur ist bereits über diesen Gegenstand ent¬ 
standen; in Aufsähen und Broschüren werden die verschiedenen 
Standpunkte vertreten, die verschiedenen Formen dargestellt, 
unter denen die weibliche Dienstpflicht sich in den einzelnen 
Köpfen spiegelt. Die meisten Vorschläge kranken allerdings 
an dem einen Abel, daß sie immer nur auf die gutsituierten 
Stände Bedacht nehmen und im Grunde auf eine hauswirt- 
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