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Bekleidung der Flüchtlinge.
Kulturelle Flüchtlings-
fürsorge.
Dies sowie der Wunsch zahlreicher angesehener Persönlichkeiten, den ihnen
infolge ihrer Nationalität oder landsmannschaftlicher Beziehungen besonders
nahestehenden Flüchtlingen durch ergänzende Mitarbeit an der staatlichen Für¬
sorgeaktion Hilfe und Trost zu bringen, führte zur Gründung neuer offizieller
Hilfskomitees: des Fürsorgekomitees für die Bukowinaer Flüchtlinge und des
Fürsorgeansschusses für die deutschen Flüchtlinge aus Galizien und der
Bukowina.
Auch diese Fürsorgekomitees, denen sich in letzter Zeit ein Hilfskomitee
für polnische Flüchtlinge aus Galizien angeschlossen hat, lassen ebenso wie die
in früherer Zeit begründeten Hilfskomitees die Unterbringungsorte der Flücht¬
linge durch einvernehmlich mit dem Ministerium des Innern bestellte Delegierte
bereisen, welche die Wünsche und allfällige Beschwerden der Flüchtlinge entgegen¬
nehmen und den notwendigen Kontakt zwischen diesen und den Behörden
herstellen.
Die zunehmende Knappheit der Vorräte an Baumwollwaren und deren
Teuerung brachte allmählich die Barackenverwaltungen und politischen Bezirks¬
behörden in immer größere Schwierigkeiten bei der ihnen anvertrauten Ver¬
sorgung der mittellosen Flüchtlinge mit den benötigten Kleidungs- und Wäsche¬
stücken, Decken, Strohsäcken usw. Es erwies sich daher eine Zentralisierung
des Einkaufes dieser Waren aus Staatsmitteln und im Zusammenhange
hiemit eine Vereinheitlichung der Bedarfserhebung und Bedarfsdeckung sowie
eine Neuregelung der Produktion der Flüchtlingsnähstuben und die Ver¬
wertung der ausgetragenen, nicht mehr ausbesserungsfähigen Kleider der Flücht¬
linge als erforderlich, danlit die notwendige Bekleidung und das Bettzeug
jeweils rechtzeitig, aber nur inr tatsächlich unerläßlich notwendigen Ausmaße
und unter möglichster Schonung der Rohmaterial- und Warenvorräte den
Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden können. Zur Durchführung dieser
Aufgabe wurde eine eigene Amtsstelle, die aus fachkundigen Beamten, ehren¬
amtlichen Mitarbeitern und dem nötigen Hilfspersonal zusammengesetzte, dem
Ministerium des Innern unterstellte k. k. Bekleidungszentrale für Kriegs¬
flüchtlinge geschaffen.
Die lange Dauer der Abwesenheit eines großen Teiles der Flüchtlinge
von der Heimat gebot behufs Hintanhaltung schwerer kultureller, sozial¬
politischer und ethischer Schäden eine Erweiterung der Vorsorgen für die
Beschäftigung und Ausbildung insbesondere der jugendlichen Flüchtlinge und
für ihre Bewahrung vor ihnen infolge der Versetzung in eine fremde Um¬
gebung drohenden sittlichen Gefahren. Die Zahl der Kinder-, Jugendlichen-
und Mädchenheime, der Knaben- und Mädchenhorte, der Volksschulkurse, fach¬
gewerblichen Kurse wie nicht minder der besonderen Anstalten für den Schutz
von Säuglingen und Waisen wurde daher im letzten Halbjahre noch bedeutend
vermehrt. Auch wurden für geflüchtete Mittelschüler weitere, zum Teile recht
große staatliche Konvikte in Wien, Prag, Arnau, Linz, Kremsier und anderen
Städten geschaffen und den Zöglingen dieser Konvikte sowie den anderen
geflüchteten Mittelschülern mit Unterstützung der staatlichen Unterrichts-
Verwaltung die Gelegenheit geboten, sei es in den Stammklassen oder in
eigens errichteten Parallelklassen der im Hinterlande bestehenden Mittelschulen,
sei es in ihrer Muttersprache in besonderen Mittelschulbeschäftigungskursen
ihre Studien fortzusetzen.