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Begünstigungen zur Berichti¬
gung von Rückständen an
Hypothekarzinsen und an
Steuern und öffentlichen Ab¬
gaben.
Pfandrang von Zinsenrückständen.
Nach § 216, Absatz 2, der Exekutionsordnung können bei der Ver¬
teilung des Meistbotes einer zwangsweise versteigerten Liegenschaft neben dem
Kapital einer verbücherten Forderung Zinsen dieser Forderung nur insoweit
im Range des Kapitals zugewiesen werden, als sie nicht länger als drei Jahre
vor dem Tage der Erteilung des Zuschlages rückständig sind. Ältere Zinsen¬
rückstände kommen gemäß 8 217, Absatz 1, Z. 2, E. O. erst nach Berichtigung
aller übrigen Ansprüche zum Zuge, also zumeist gar nicht, da die Verteilungs¬
masse dann gewöhnlich schon erschöpft ist.
Ein vorsichtiger Pfandgläubiger muß also, wenn sich Zinsenrückstände
ansammeln, beizeiten für deren Einbringung sorgen und, falls andere Deckungs¬
mittel nicht zu Gebote stehen, die Zwangsversteigerung der verpfändeten
Liegenschaft rechtzeitig einleiten, damit anl Tage der Erteilung des Zuschlages
von seiner Forderung nicht mehr als höchstens dreijährige Zinsenrückstände
unberichtigt aushaften.
Infolge der Kriegsereignisse und deren Rückwirkung auf das Wirtschafts¬
leben sind nun Zinsen von bücherlich sichergestellten Forderungen in größerem
Umfang unberichtigt geblieben, vor allem in Galizien und in der Bukowina
sowie in anderen vom Krieg unmittelbar betroffenen Gebieten, zum Teil aber
auch im Hinterlande. Da solche Rückstände in manchen Gegenden auch schon
einige Zeit vor Ausbruch des Krieges bestanden, war mit einer starken
Zunahme der Zwangsversteigerungen von Liegenschaften binnen kurzem zu
rechnen. Eine solche wäre sehr bedenklich, da ein Massenausgebot von Liegen¬
schaften zu einer Zeit, in der es einen Liegenschaftsmarkt allenthalben nicht
gibt, zu Schleuderpreisen und schweren wirtschaftlichen Störungen und Nach¬
teilen führen müßte.
Daher wurde immer dringender und allgemeiner der Wunsch erhoben,
durch gesetzliche Maßnahmen den Zinsen verbücherter Forderungen den
Pfandrang des Kapitals auch dann zu wahren, wenn sie mehr als drei
Jahre rückständig sind. Man machte geltend, daß die Gläubiger jetzt vielfach
durch Rechtsvorschriften, richterlichen Ausspruch oder sonst infolge des Krieges
an der Geltendmachung oder Hereinbringung ihrer bücherlich sichergestellten
Forderungen gehindert und daher außerstande sind, die Zwangsversteigerung
der gepfändeten Liegenschaft zu betreiben. Sie seien daher auch nicht imstande,
dafür zu sorgen, daß der Zuschlag erteilt wird, solange die gesamten Zinsen¬
rückstände den Rang der Kapitalsforderung genießen. Bei solcher Behinderung
der Gläubiger, an der sie keine Schuld tragen, wäre die Anwendung der
Bestimmung des 8 216, Absatz 2, E. O. eine arge Unbilligkeit. Aber auch
wenn die Zwangsversteigerung tatsächlich rechtzeitig durchgeführt werden
könnte, sei es dringend notwendig, den Gläubigern es möglich zu machen,
daß sie den Schuldner schonen und von der Exekution absehen. Unter den
gegenwärtigen Verhältnissen würde übrigens der Versteigerungserlös oft nicht
einmal zur vollen Deckung der in guter Rangordnung stehenden Gläubiger,
geschweige denn zur Befriedigung der Nachpfandglüubiger hinreichen.
Nach reiflichster Erwägung aller für und wider sprechenden Gründe ist
die Regierung an die Vorbereitung gesetzlicher Maßnahmen herangetreten,
die den dargelegten Anregungen entsprechen; denn es konnte keinem Zweifel