Volltext: Jänner bis Juni 1916 (3 ; 1917)

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Dritte Teilnovelle zum 
Allgemeinen bürgerlichen 
Gesetzbuche. 
Hinblick auf eine bevorstehende Musterung, R. G. Bl. 
Nr. 141. 
8 2 der Kaiserlichen Verordnung erklärt Kündigungen für unwirksam, 
die von dem Tage an gegeben worden sind, an dem der Dienstnehmer, der 
nicht schon bei Beginn des Krieges eingerückt ist, zur militärischen Dienst¬ 
leistung einberufen, assentiert oder zmn Landsturmdienste mit der Waffe als 
geeignet befunden wurde. 
Nach dein Bekanntwerden angeordneter Musterungen haben einzelne 
Unternehmer, zum Teil in der offen kundgegebenen Absicht, die Vorschriften 
der Kaiserlichen Verordnung zu umgehen, Kündigungen vor den: Musterungs¬ 
tage vorgenommen. Da ein solcher Vorgang den Absichten der Kaiserlichen 
Verordnung zuwiderläuft, wurden durch die erwähnte Verordnung des 
Justizministers derartige, im Hinblick auf eine bevorstehende Musterung 
abgegebene Kündigungen für unwirksam erklärt. Um berechtigte Interessen der 
Vertragsteile nicht zu verletzen, wurde im einzelnen Falle dem Unternehmer 
der Gegenbeweis offengehalten, daß die Kündigungserklärung offenbar in 
anderen, mit der Musterung nicht in: Zusammenhange stehenden Umständen 
(z. B. Einstellung oder Einschränkung des Betriebes) ihren Grund hat. In 
solchen Fällen behält die Kündigung ihre Wirksamkeit. 
Um die bereits vorgekommenen Fälle von Gesetzesumgehungen zu 
beseitigen, war es notwendig, die Rückwirkung der Verordnung auch auf 
Kündigungen auszusprechen, die seit dem 1. April erklärt worden sind. 
Bürgerliches Recht. 
(Denkschrift, Erster Teil, Seite 207; Zweiter Teil, Seite 193.) 
Mit den Kaiserlichen Verordnungen vom 12. Oktober 1914, R. G. Bl. 
Nr. 276, und vom 22. Juli 1915, R. G. Bl. Nr. 208, sind einzelne Teile 
der vom Herrenhause beschlossenen Novelle zum Allgemeinen bürgerlichen 
Gesetzbuche in Kraft gesetzt worden. Damit war vorerst in den dringlichsten 
Füllen den Einwirkungen des Krieges auf einzelne Zweige des Privatrechtes 
Rechnung getragen. 
Die lange Dauer des Kriegszustandes und die dadurch bewirkte Än¬ 
derung aller gewohnten Verhältnisse rückten jedoch im Laufe der Zeit manche 
Frage in den Vordergrund, deren Erledigung man früher bis zur Beendigung 
des Krieges aufschieben zu können hoffte. Manches von dem Geplanten 
erlangte nun eine früher nicht geahnte Bedeutung. 
So machten die Verwüstungen des feindlichen Einfalles, besonders die 
Vernichtung von Grundbüchern, Handelsbüchern, Briefen, Quittungen und 
anderen Urkunden die Erlassung der im Entwurf der Novelle vorgesehenen 
Bestimmungen über den Erwerb des Eigentums und anderer dinglicher 
Rechte au nicht verbücherten Liegenschaften und der Vorschriften über die 
Abkürzung der Verjährungszeit dringlich, wenn nicht Unsicherheit über die 
Grundbesitzverhaltnisse und eine bedenkliche Lähmung des Grundkredites 
eintreten und die Unbeweisbarkeit der Erfüllung von Verpflichtungen große 
Unsicherheit im Verkehrsleben herbeiführen sollen. 
Aber inzwischen war nicht nur die Erlassung einzelner Bestimmungen 
unmittelbar dringlich, sondern die volle Umgestaltung des Privatrechtes im
	        
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