Volltext: Juli bis Dezember 1915 (2 ; 1916)

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Kulturelle Fürsorge für 
Flüchtlinge. 
dem Süden, welche bereits im Frühjahre 1915 für den Bedarfsfall durch 
Sicherstellung von Unterkünften und durch Aufstellung eines Planes für die 
Dirigicrung des Flüchtlingsstrvmcs vorbereitet worden war, verwertet. Zu¬ 
nächst wurden die Flüchtlinge aus dem Süden — nach Nationalitäten 
gesondert — in Böhmen, Mähren, Ober- und Niederösterreich und Salzburg 
gemeindeweise verstreut untergebracht, wobei sich allerdings die vorbereiteten 
Unterkünfte als nicht ausreichend erwiesen und rund 40.000 Flüchtlinge 
vorläufig in einige ungarische Komitate verteilt und daselbst auf Rechnung 
des österreichischeit Staatsschatzes unterstützt werden mußten. Inzwischen 
wurde jedoch rastlos an der Fertigstellung der zur Unterbringung eines 
großen Teiles der Flüchtlinge aus dem Süden bestimmten neuen Baracken¬ 
lager gearbeitet, andrerseits durch Überleitung der in den Lagern in Leibnitz 
und Bruck a. d. Leitha befindlichen galizischen Flüchtlinge teils in andere Lager, 
teils in die inzwischen vom Feinde befreite Heimat Raum zur Aufnahme 
der zunächst nach Ungarn übergeleiteten Flüchtlinge aus dem Süden 
geschaffen. Ersteres Lager beherbergt nunmehr rund 20.000 italienische, letzteres 
Lager rund 3500 slowenische Flüchtlinge, Neue Flüchtlingslager erstanden in 
Braunau am Inn, in Deutschbrod, in Mitterndorf und Pottendorf-Landegg 
für zusammen rund 37.000 Flüchtlinge italienischer Nationalität und in 
Steinklamm für rund 6000 Flüchtlinge slowenischer und kroatischer 
Nationalität. Überdies wurde in Mistelbach eine Niederlassung für sozial 
höherstehende Flüchtlinge aus dem Süden, in Wien ein vier große Gebäude 
umfassendes Heim für 1600 solcher Flüchtlinge geschaffen und die Errichtung 
eines zweiten gleich großen Flüchtlingshcimes in Wien eingeleitet. 
In ersprießlicher Weise bewährt sich die die staatliche Fürsorge 
ergänzende Mitwirkung des Hilfskomitees für die Flüchtlinge aus dem 
Süden in Wien, welches nicht nur in rücksichtswürdigen Fällen aus den von 
ihm gesammelten Mitteln Zuschüsse zur staatlichen Flüchtlingsunterstützung 
gewährt, sondern auch durch eigene Delegierte die Unterbringuugsgebiete der 
Flüchtlinge bereisen läßt, die Wünsche und Beschwerden dieser bei den 
Behörden vertritt, auf dcni Gebiete der Flüchtlingsseelsorge sowie der 
Errichtung von Schulkursen und fachgewerblichen Beschästigungsanstalten für 
die Flüchtlinge aus dem Süden anregend mitwirkt und auch die Aufgabe 
übernommen hat, die staatlichen Behörden bei der Beschaffung der von den 
Flüchtlingen benötigten Kleider, Wüsche und Schuhe zu unterstützen. 
Die kulturelle Fürsorgeaktion des Ministeriums des Innern nahm ins¬ 
besondere feit dem Sommer 1915 einen bedeutenden Aufschwung. Erwies 
sich auch die Neuerrichtung von Kinder- und Mädchenheimen, Volksschul- 
kurscn und fachgewerblichen Beschüftigungsanstatten zugunsten der Flüchtlinge 
aus Galizien und der Bukowina teils mit Rücksicht auf die bereits früher 
getroffenen Maßnahmen, teils wegen der für einen großen Teil dieser 
Flüchtlinge nunmehr eingetretenen Möglichkeit der Rückkehr in die engere 
Heimat nur mehr in selteneren Füllen^ als erforderlich, so konnte und mußte 
andrerseits um so intensiver, an die Schaffung solcher Einrichtungen für die 
Flüchtlinge aus dem Süden geschritten werden. Es wurden denn auch im 
Laufe des letzten halben Jahres, fast durchwegs auf Initiative der staat¬ 
lichen Behörden und unter weitgehender finanzieller Förderung des Staates 
mehrere hundert Volksschulkurse für italienische, slowenische und kroatische
	        
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