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den zu Gebote stehenden Schulräumen imb mit den verfügbaren Lehrkräften
den Unterricht aufrecht zu erhalten. An den meisten Mittelschulen und
sonstigen Lehranstalten konnte im September 1914 der Unterricht o^ne
beträchtliche Verspätung aufgenommen werden. Wo der Mangel an Schul¬
lokalitäten es nötig machte, wurde ein Wechselunterricht (Bor- und Nach¬
mittag) ohne wesentliche Einschränkung des Lehrplanes eingeführt. Der
Ersatz an Lehrkräften wurde durch stärkere Indienststellung des vorhandenen
Personales, durch Verwendung von Lehramtskandidaten, zum Teil auch von
Pensionisten, an den Volks- und Bürgerschulen aber hauptsächlich durch
Heranziehung weiblicher Lehrkräfte geschaffen.
Sjudienerlerchlerung. Prüfungswefen.
A. An den Hochschulen. Da, wie bereits erwähnt, zwei Universitäten zur Gänze, eine zum
Teil den Lehrbetrieb eingestellt hatten, wurden den Studierenden dieser Hoch¬
schulen und den Abiturienten aus den vom Feinde besetzten Gebieten in
Bezug auf die formalen Erfordernisse ihrer Zulassung zur Inskription und
zu den Prüfungen sowie behufs Befreiung von Kollegiengeld und Prüfungs¬
taxen an anderen Universitäten nlehrfache Erleichterungen gewährt. Auch
hat das Unterrichtsnnnisterium durch Vermittlung der in Wien weilenden
akademischen Funktionäre der Universitäten Lernberg und Czernowitz den
Studierenden dieser Hochschulen zur Bestreitung ihres Unterhaltes sowie znr
Entrichtung von Rigorosentaxen Unterstützungsbeiträge flüssig gemacht. Um
den aus Galizien stammenden Rechtshörern die Ablegung von juridischen
Staatsprüfungen und Rigorosen in ihrer Muttersprache zu ermöglichen,
wurden in Wien Staatsprüfungs-, beziehungsweise Rigorosenkommisftonen
aus Mitgliedern der betreffenden Krakauer und Lemberger Kommissionen
gebildet. Auch wurde in einzelnen Fällen die Promotion von Kandidaten
des juridischen Doktorgrades durch Funktionäre der Lemberger Universität
in Wien gestattet.
Für die infolge der kriegerischen Ereignisse in ihrem Prüfungsstudium
behinderten Rechtshörer aller Universitäten wurden außerordentliche Termine
der rechtshistorischen Staatsprüfung festgesetzt und zugunsten der im Laufe
des Studienjahres 1914/15 einberufenen landsturmpflichtigen Studierenden
Verfügungen getroffen, um ihnen die Ablegung der rechtshistorischen, bezie¬
hungsweise der judiziellen oder staatswissenschaftlichen Staatsprüfung vor
Antritt des Militärdienstes zu ermöglichen.
Den in militärischer Dienstleistung stehenden Studierenden der Medizin,
welche die Frequenz von neun, für das medizinische Quinquennium anrechen¬
baren Semestern aufweisen, wurde gestattet, sofern sie eine gewisse Mindest¬
zahl der klinischen Kollegien und praktischen Übungen besucht haben, unter
Nachsicht des X. Semesters die beiden letzten medizinischen Rigorosen inner¬
halb eines ihnen von der Militärverwaltung bewilligten, längstens zehn¬
wöchigen Urlaubes abzulegen, während dessen ihnen auch die Möglichkeit
geboten wurde, Borlestmgen und Praktika vor Beendigung der Rigorosen
nachzutragen.