Nr. 25 (245)
Der Deutsche Gesandte in Teheran an das Auswärtige Amt
Bericht
Teheran, den 4. März 1939
Seit einigen Monaten ist hier eine zunehmende Aktivität
der englischen Politik festzustellen, die nicht zum wenigsten
gegen Deutschland und unsere Position in Iran gerichtet ist.
Noch vor Jahresfrist war hier von einer nach außen in die
Erscheinung tretenden englischen Betätigung auf politischem,
wirtschaftlichem oder kulturpolitischem Gebiet nicht viel zu
spüren. Auch der aufmerksame Beobachter mußte den Ein¬
druck gewinnen, daß die englische Außenpolitik, die in
früheren Jahren gerade in diesem Sektor eine besonders
rührige Tätigkeit entfaltet hatte, die weitere Entwicklung der
Dinge in dem schnell aufstrebenden Staatswesen zwar auf¬
merksam verfolgte, sich aber im übrigen starker Zurückhaltung
befleißigte. Diese Zurückhaltung erfuhr auch keine sichtbare
Änderung, als andere europäische Mächte, in erster Linie
Deutschland, anfingen, dem neuen Iran besonderes Interesse
zuzuwenden und ihre Beziehungen zu diesem Lande, vor
allem auf wirtschaftlichem Gebiet, zu festigen und auszubauen.
So nahm man es auch mit Gleichmut hin, daß Deutschland
als Lieferant und als Abnehmer Irans binnen weniger Jahre
vom fünften auf den zweiten Platz vorrückte und England,
das noch 1936/37 den zweiten Platz behauptet hatte, auf die
vierte Stelle verwies. Selbst die Einrichtung einer deutschen
Luftverbindung nach dem Nahen Osten, die sich bis hart an
die Grenze Indiens, nach Afghanistan, erstreckte und nach
dem ursprünglichen Plan unter Berührung wichtiger englischer
Interessensphären in Zentralasien bis nach China vorgetrieben
werden sollte, begegnete auf englischer Seite anfänglich nur
geringem Widerstand. Die Beziehungen zwischen der deut¬
schen und der englischen Vertretung, ebenso wie das Verhält¬
nis zwischen den beiderseitigen Kolonien waren die denkbar
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