Volltext: 100 Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges

Grenzen des überhaupt Vertretbaren herabgesetzt. Hiervon zeuSt die 
nachstehende Unterredung des Reichsaußenministers mit dem polni¬ 
schen Botschafter, in der zum erstenmal die deutschen Vorschläge 
formuliert wurden. Sie haben sich in ihrer Substanz niemals geändert. 
Nr. 15 (197) 
Unterredung des Reichs ministers des Auswärtigen mit dem Polnischen 
Botschafter, Berchtesgaden, 24. Oktober 1938 
Aufzeichnung des Vortragenden Legationsrats Hewel 
Zu Beginn der Aussprache entwickelte der Herr Reichs¬ 
außenminister dem Polnischen Botschafter ein Bild der augen¬ 
blicklichen Lage. 
Herr Lipski erläutert sodann den Anlaß seines Besuches: 
Polen sei interessiert an der Stabilisierung des Donauraumes. 
Die Karpatho-Ukraine mit ihrer Unordnung, ihren 80 v. H. 
Analphabeten, sei ein Herd für alle nur denkbaren politischen 
Strömungen, ein wahres Kommunistenzentrum. Sie habe zu¬ 
sammen'650000 Einwohner, davon etwa 250000 Ungarn und 
Juden und 400000 Ruthenen. Wegen dieses Unruheherdes 
habe Polen schon manchen scharfen Notenwechsel mit Prag 
gehabt. Beck habe ihm gesagt, er wolle, daß aus dieser Krise 
etwas Vernünftiges heraus komme. Eine Angliederung an 
Ungarn sei der Wunsch Polens. 
Im übrigen sei eine gemeinsame polnisch-ungarische Grenze 
von großem Wert als Abriegelung gegen den Osten. Die 
Gerüchte von der Blockbildung gegen Deutschland seien 
Unsinn, sie wären durch die Haltung Polens gegenüber 
Sowjetrußland während der Krise mehr als widerlegt worden. 
Die polnische Politik sei gewesen, die Ungarische Regierung 
in der slowakischen Frage zur Mäßigung und in der karpatho- 
ukrainischen Frage zum Angriff zu bewegen. Er, Lipski, hoffe, 
daß eine Lösung in dem erwähnten Sinne den deutschen Inter¬ 
essen nicht entgegenlaufe. 
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