Volltext: 100 Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges

Nr. 53 (252) 
Der Deutsche Botschafter in London an das Auswärtige Amt 
Bericht London, den 10. Juli 1939 
Die Hetzkampagne wegen eines angeblich geplanten 
deutschen Handstreichs gegen Danzig ist nach einigen Tagen 
an ihrer Verlogenheit zusammengebrochen. 
Damit wäre an sich dieses neue Kapitel der Bemühungen 
unserer Feinde, Deutschland in einen Weltkrieg zu verwickeln, 
abgeschlossen. Aber diese wenigen Tage haben eine stim¬ 
mungsmäßige Lage der englischen Öffentlichkeit enthüllt, die 
ernste Aufmerksamkeit verdient. 
Durch eine Reihe von verschiedenen Faktoren: durch die 
gegen Deutschland gerichtete Einkreisungsaktion der Regie¬ 
rung, durch die Aufrüstungspropaganda, die Einführung der 
allgemeinen Wehrpflicht, die Luftschutzorganisation, vor 
allem durch die Flut antideutscher Propaganda in Presse, 
Kino, Theater und Rundfunk, ist die für emotionelle Reak¬ 
tionen empfängliche öffentliche Meinung Englands in einen 
Geisteszustand versetzt worden, der den Begriff „Krieg“ zum 
Mittelpunkt des Denkens und der Gespräche macht. Schat¬ 
tierungen bestehen nur in der Beantwortung der Frage: Ist 
der Krieg unvermeidlich oder nicht? Die Mehrzahl der 
Durchschnittsengländer bejaht diese Frage gefühlsmäßig; eine 
nachdenklichere Minderheit verneint sie in der Erkenntnis, 
daß im Rahmen der deutsch-englischen Beziehungen alle vor¬ 
handenen Streitfragen bei gutem Willen lösbar sein müßten 
und daß auch ein siegreicher Krieg niemandem Vorteile 
bringen würde. Aber auch diese an sich vernünftigen Kreise 
werden beeinflußt durch die Kenntnis der von der britischen 
Wehrmacht getroffenen Maßnahmen: Bereitschaft der Flotte 
für Ende Juli, Ausrichtung der militärischen Ausbildung und 
organisatorischer Maßnahmen für denselben Termin. 
von Dirks en 
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