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II. Kapitel.
II. Kapitel.
Vor und nach dem Wiener Kongresse von 1515.
Wenn Vasilij auch in der äußeren Politik, wie über
haupt streng den Spuren seines Vaters folgte, so lagen
doch die Verhältnisse nicht mehr so günstig wie zu Zeiten
Ivans. Nach dem letzten vergeblichen Versuche, ihr Macht
gebiet zu behaupten, war die goldene Horde in sich zu
sammengebrochen, ja, da ihr Bundesgenosse Alexander sie
so schmählich im Stiche ließ, gänzlich aufgerieben worden.
Es war dies ein bedeutungsvoller Umstand für das Ver
hältnis zwischen Rußland und der krimschen Horde, denn
die Furcht vor der Kipcakhorde hatte beide aneinander
geschmiedet. Und da die Jagiellonen Freunde der goldenen
Horde geworden waren, stand Mengli-Geraj im Kampfe
Ivans mit Alexander auf seiten des ersteren. Die Freund
schaft Mengli-Gerajs war zwar für Ivan kostspielig, aber
doch von unschätzbarem Werte. Unter Vasilij sollte sich
dies ändern. Mengli-Geraj war alt und krank geworden und
geriet immer mehr unter den Einfluß seiner Söhne, beson
ders Muhammed-Gerajs. Diese dehnen aber jetzt ihre Raub
züge auch auf russisches Gebiet aus; eigentlich ist es ja nur
die Kriegsschule für die nachwachsende Jugend, für die
Söhne des Khans aber von derselben Bedeutung, wie etwa
die Auslandsreisen unserer Fürstensöhne. Vielleicht war
Vasilij auch zu karg, um den Geldhunger so vieler Machthaber
zu befriedigen. Auch konnten sie von Polen-Litauen und
Rußland zu gleicher Zeit Tribut unter der euphemistischen
Bezeichnung von Geschenken erhalten, dabei aber ungehindert
beide plündern und verwüsten, ohne fürchten zu müssen, daß
sich die gequälten Opfer vereinigen, um den fürchterlichen
Blutsauger loszuwerden. So läßt sich die Politik der krimschen
Horde für die ganze Folgezeit in die Worte fassen: Mit
Polen und Rußland Verträge schließen, sich von jedem die
Hilfe gegen den andern so teuer als möglich erkaufen