Volltext: Das Verhalten der Tschechen im Weltkrieg

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Besonders charaktcristrsch sind in diesem Belange auch die Sokol 
detätigungen 1912 und 1914. Hier findet sich derselbe Gegensatz." 
Die Aufrufe, die w ä h r e nd des B a l k a n k r i e g s z u g u n ft e n der Roten 
Kreuz-Vereine der Balkanslawen erlassen und auch von Dr. Stomas unter¬ 
zeichnet wurden, verglichen mit den tschechischen Aufrufen jetzt im Kriege für das 
österreichische Note Kreuz, ergeben ein für b i e Haltung der Tschechen in diesem 
Kriege wahrhaft beschämendes Resultat. 
Das Urteil gegen Dr. Kramäf und Genossen sagt darüber:*) 
„Daß 
„Närodns Listy“ 
anders schreiben kann, als dies in ihren Artikeln über die Kriegsanleihe geschehen ist, wenn 
sie ein Unternehmen fördern will, ergibt sich aus tarn Verhalten gegenüber den Humanitäts¬ 
aktionen zur Zeit der Balkankriegc und im jetzigen Kriege der Monarchie. 
Dem Existenzkämpfe des Staates wohnt zumindest eine nicht geringere humanitäre 
Bedeutung inne, als der Unterstützung der Balkanslawen im Kriege gegen die Türkei. 
Das Verhalten gegenüber betn Roten Kreuze in bezug auf die Aufrufs- und Agitations- 
tütigkeit ist aber gleichfalls — trotz des ganz gleichen Gedankens der Humanität — ein 
wesentlich verschiedenes im gegenwärtigen Kriege, gegenüber der für die Balkan- 
aktion entfalteten Tätigkeit." 
Die Angeklagten beriefen sich auch auf die Rubrik der „Kärockiü Listy“, betreffend 
die Hilfsaktion. Glühende, patriotische Begeisterung, ähnlich der zrrr Zeit des Balkankrieges 
für die Serben gezeigten, tritt aber dort jedenfalls nicht hervor. 
„Die Beschuldigten beriefen sich ferner, zum Beweis der angeblichen regen Tätigkeit 
der Tschechen für das Rote Kreuz, vor alletn auf folgenden Artikel der „trockn! Listy“ 
(Beilage Nr. 8 zum Hauptverhandlungsprotokoll): 
P. T. 
Der langjährige Friede hat es mit sich gebracht, daß bei uns die Institution des Roten 
Kreuzes bis jetzt keine entsprechende Bewertung gefunden hat. Heute, nach halbjähriger 
Dauer des Krieges, werden die sämtlichen Bevölkerungsschichten sich der segens¬ 
reichen Tätigkeit und der Nützlichkeit des Vereines des Roten Kreuzes erst recht bewußt, 
welcher mit gleicher Menschlichkeit die verwundeten und kranken Soldaten aller Nationali¬ 
täten pflegt. Unter diesen sind allerdings auch Tausende tschechischer Soldaten, welche 
gemäß ihrer Pflicht heldenhaft auf den Schlachtfeldern gekämpft haben. 
Durch die Unterstützung des Vereines Rotes Kreuz tragen wir somit zum Wohle und 
zur Genesung auch der'wackeren tschechischen Soldaten bei. 
Zur Unterstützung und Durchführung der humanen Aufgaben des Roten Kreuzes ist 
in Prag 
der L a n d e s- H i l f s v e r e i n des Roten Kreuzes f ü r d a s St ö n i g r e i d) 
Böh m c n 
errichtet worden, tvelchen wir hiermit w a r m der Aufmerksamkeit und der Unterstützung 
unserer Bürgerschaft und unserer Korporationen empfehlen. 
Dieser Verein ist nicht vom menschlichen, sondern auch v o m wirtschaftlichen 
Standpunkte aus von Wichtigkeit. 
Sein im ganzen Königreich Böhmen verbreitetes Netz von Vereinsspitälern ist auch 
zugleich ein bedeutender Arbeitsgeber und Konsument von hunderterlei 
Bedürfnissen und es kann auch nicht einerlei sein, o b daran auch das tschechi¬ 
sche Element in gleichem Maße teilnimmt oder nicht. 
) Urteilsbegründung, S. 353.
	        
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