Volltext: Lauriacum

Erich Swoboda 
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auf das apokalyptische Bild des himmlischen 
Thrones in der Johannesapokalypse IV 4—8, 
das tatsächlich als Muster für die Gestaltung 
eines Presbyteriums verwendet wurde 42), und 
auf das Apsidalmosaik in S. Pudenziana zu 
Rom aus dem 5. Jahrhundert43), hat schon 
Egger hingewiesen und daran die feinsinnige 
Bemerkung geknüpft, daß das Lehr- und Rich¬ 
teramt der Bischöfe des Tribunals und der 
Exedra des profanen Lebens nicht entraten 
konnte, und daß darin überhaupt der Grund 
liege, „einen apsidalen Bau für das christliche 
Kultgebäude zu verwenden oder in Fällen, wo 
der apsidenlose Versammlungsraum genom¬ 
men wurde, eine Exedra eigens darin aufzu¬ 
stellen“ (S. 132). 
Der Raum innerhalb der Priesterbank war 
mit Platten ausgelegt und vermutlich etwas 
höher gehalten als der Altarraum44), der 
ebenfalls Plattenbelag hatte und seinerseits 
wieder das Niveau des Laienraumes überhöhte; 
denn die Kalkspuren auf dem Estrich innerhalb 
des Subselliums und vor ihm können nur als 
Bindemittel für Steinfließen gedeutet werden. 
Eine Besonderheit unserer Kirche, die sie im 
übrigen mit den Basiliken von Aguntum und 
Nesactium gemein hat, ist es, daß an Stelle der 
sonst üblichen cancelli (Altarschranken) eine 
Konstruktion trat, die in der ganzen Breite des 
Kircheninneren Presbyterium und Laienraum 
von einander schied. Wie jedoch dieser Chor¬ 
schluß im einzelnen beschaffen war, darüber 
lassen sich bei dem Mangel jedweder Funde nur 
Vermutungen äußern45); sicher ist, daß wir uns 
keine Ikonostasis mit hochgeführten Säulen 
denken dürfen, wie beispielsweise in der Kirche 
42) Das zeigen die Sta KXTjpsvxog, 
XVII f.; vgl. Harnack, Die Quellen der sog. apostol. 
Kirchenordnung II S. 11. 
43) J. Wilpert, Die römischen Mosaiken und 
Malereien II 2, 1916, S. 1066 ff.; Taf. 42—46; W. 
Ellinger, Zur Entstehung und frühen Entwicklung 
der altchristl. Bildkunst, 1934, S. 89 ff. Zur Datierung 
vgl. J. Sauer, Das Aufkommen des bärtigen Christus¬ 
typus in der frühchristl. Kunst, Strena Buliciana, 
1924, A. 320 f. 
44) Vgl. die Bildung in Teurnia und am Hemma¬ 
berge (Egger, S. 29. 78). 
45) Zu den Altarschranken im allgem. vgl. 
zu S. Pietro auf Brioni grande (A. Gnirs, Früh¬ 
christliche Kultanlagen im südl. Istrien, 
Kunsth. Jahrb. d. Zentr.-Komm. V 1911, 
Beibl. Sp. 41 ff.), sicher auch, daß Holz, wie 
sonst des öfteren (Euseb. hist. eccl. X 4, 44; 
Kirche in Duel und am Gratzerkogel), dabei 
keine Verwendung gefunden hatte (Mörtel¬ 
reste !). 
Den Altar haben wir uns noch in der ein¬ 
fachen Tischform mit einer oder mehreren 
Stützen vorzustellen46), bereits aber als unbe¬ 
wegliches Inventar des Presbyteriums, zu dem 
der Abendmahlstisch im 4. Jahrhundert infolge 
seiner Wandlung zum Opfertisch im antiken 
Sinne, d. h. zum hl. Gerät (vgl. Opt. Milev. de 
schism. Donatist. VI 1) geworden war47). 
Aber noch in einem zweiten Punkte erfolgt 
mit dem Ende des 4. Jahrhunderts eine ein¬ 
schneidende liturgische Veränderung, deren 
Wirkung wir auch in Lauriacum den Fund¬ 
umständen entnehmen können. Trotz der ge¬ 
setzlichen Verfügung des Kaisers Theodosius: 
nemo martyrem distrahat, nemo merceiur48) 
griff die im Osten schon seit Beginn des 
4. Jahrhunderts verbreitete Reliquienvereh¬ 
rung auch auf das Abendland über und bringt 
das Reliquiengrab, die Confessio, in Verbin¬ 
dung mit dem Altar; im 5. und 6. Jahrhun¬ 
dert ist das Heiligengrab unter der mensa der 
wünschenswerteste Bestand jeder Kirche, ja ge¬ 
radezu Vorschrift geworden49). Es ist die Situa¬ 
tion, die wir in unserer Basilika vorfinden, die 
aber auch in der Klosterkirche zu Favianis gege¬ 
ben und für die Basilika in Boiodurum geplant 
gewesen war (Eugipp. v. Sev. IX 3; XXII 1). Die 
gestörte Schicht vor den Schranken lehrt uns, 
Holtzinger, Die altchristliche Architektur, 1889, 
S. 148 ff. 
46) Über Gestalt und Material des Altars in der 
Spätantike orientieren F. Wieland, Altar und Altar¬ 
grab, 1912, S. 43 ff. ; Leclercq, Dictionnaire d’archéo¬ 
logie chrétienne I 2, 1907, Sp. 3155 ff. I. Braun, Der 
christl. Altar, 1924. 
47) Vgl. F. Wieland, Der vorirenaeische Opfer¬ 
begriff, 1909, S. in ff. 
48) Cod. Theod. L. VII de sepulcris violatis IX 
17 aus dem Jahre 386. 
49) Vgl. Wieland, Altar und Altargrab, 1912. 
S. 74 ff. 104.
	        
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