Volltext: Conrad von Hötzendorf

GRAFENTITEL UND HOFANSTELLUNG 
Conrad wurde vom Armeekommando enthoben. Dies sollte 
durch die Erhebung in den Grafenstand und durch die Ernen¬ 
nung zum Obersten aller Garden gelindert werden. Conrad hatte 
schon Kaiser Franz Joseph bei einem früheren Anlaß gebeten, 
von einer Standeserhöhung absehen zu wollen. Er wollte mit 
dem Namen aus der Welt scheiden, den sein Sohn geführt hatte, 
als er für das Vaterland fiel. Andererseits konnte der Feld¬ 
marschall nach einem arbeitsreichen Leben auf verantwortungs¬ 
vollem Posten in der Berufung zu einem reinen Ehrenamt keine 
Genugtuung finden.* Er erbat einen längeren Erholungsurlaub 
und verließ am 15. Juli 1918 Heer und Amt. 
Der Zusammenbruch des Reiches 
Die Monate bis zum Zusammenbruch verbrachte Conrad in 
Wien, in Villach und zum Schluß in Triest. Diesem regen, 
sprühenden Geist fehlte plötzlich jedes Feld der Betätigung. 
Die Verstimmung über die Form seines Abganges trat bald in 
den Hintergrund vor der Sorge über die Entwicklung der poli¬ 
tischen und militärischen Lage der Monarchie. In diesem Zustand 
quälender Tatenlosigkeit begannen sich lang zurückgedrängte 
Talente und Neigungen zu regen. Oft nahm Conrad das vernach¬ 
lässigte Skizzenbuch zur Hand, um Erinnerungen an Gegenden 
festzuhalten, die er in Gesellschaft seiner Frau durchstreifte. 
Auf einem Spaziergang kam er auch einmal nach Miramar. 
Dieser entzückende Fleck Erde weckte in ihm die Erinnerung 
an seine Dienstzeit in Triest. Mit einem Abschiedsblick auf das 
geliebte Meer reichte Conrad die vollendete Skizze seiner Frau 
und sagte mit Tränen in den Augen: „Ich weiß, ich bin zum 
letzten Male hier gewesen.“ 
Wenige Tage später zerfiel das stolze Reich der Habsburger. 
Conrad gelang es gerade noch, mit einem der letzten Züge un- 
1 Die Funktion als Oberst aller Garden war bis dahin mit dem Amt 
des ersten Obersthofmeisters verbunden gewesen. Fürst Montenuovo 
war (seit 1909), als Leutnant in Evidenz der Landwehr, zugleich 
Oberst sämtlicher Leibgarden. 
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