Volltext: Conrad von Hötzendorf

CONRAD ALS OPFER DER P I AVESCHLACHT 
rische Angelegenheit sei. So wurde denn für 1918 eine Offensive 
gegen Italien ohne deutsche Mitwirkung beschlossen. Der Feind 
sollte aus zwei Fronten — aus dem Gebirge, zwischen Brenta und 
Piave, und in der Ebene, mit dem Hauptstoß über die Piave auf 
Treviso — in die Zange genommen werden. Während Conrad die 
Richtung über die Hochfläche von Asiago als die günstigste ver¬ 
trat, verstand es der Kommandant der Isonzoarmeen, Feldmar¬ 
schall von Boroevic, das Oberkommando für die Führung des 
Hauptstoßes aus seinem Bereich in die Ebene zu gewinnen. Die 
endgültige Entscheidung war schließlich ein Kompromiß: ein 
Angriff aus beiden Fronten. Dies führte zur Zersplitterung der 
Kräfte, die keiner der beiden Richtungen den Sieg zu sichern 
vermochte. 
Die letzte österreichisch-ungarische Offensive — die Piave¬ 
schlacht im Juni 1918 — stand unter einem migünstigen Stern. 
Mit unzulänglichen Mitteln unternommen, scheiterte der Angriff 
der Heeresgruppe Conrad schon am ersten Tag. Wo man durch- 
dringen wollte, stieß man auf kräftigen Widerstand, und nur dort, 
wo der Erfolg nicht erwartet wurde — am Süd- und Nordflüge] 
der Piavefront —, drang der Angriff durch. Den in den ersten 
Schlachttagen eingebrachten 50.000 Gefangenen standen die 
schweren Verluste gegenüber, die unsere Truppen bei der For¬ 
cierung der angeschwollenen Piave über ein breites, eingesehenes 
Schotterbett erlitten hatten. Die Fortsetzung der Offensive mußte 
bald gänzlich aufgegeben werden. 
Dieser Mißerfolg löste im Hinterland große Unzufriedenheit 
aus. Die Bevölkerung hatte sich außer der moralischen Wirkung 
auf die Entente vor allem eine Linderung der immer trostloser 
werdenden Ernährungslage erwartet. Als diese Hoffnung schwand, 
wandte sich die Unzufriedenheit gegen die Armee und ihre 
Führer. Vergessen waren all die übermenschlichen Leistungen 
der vier Kriegsjahre, das Parlament forderte ein Opfer. — Als 
dieses fiel — Conrad, der Mann, der in einem unverdrossenen 
vieljährigen Kampf gegen alle maßgebenden Faktoren im Staate 
für die Armee gefordert hatte, was sie bedurfte, um den Be¬ 
stand des Reiches zu sichern. Die Volksvertreter, die nach einem 
Sündenbock schrien, vergaßen, daß sie es waren, die der Wehr¬ 
macht versagt hatten, was Conrad gefordert hatte. 
353
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.