Volltext: Conrad von Hötzendorf

VERTRAUTE DER SORGEN 
seinskampfes mit einem gleichgestimmten Menschen zu teilen, 
die eigenen Teistungen in deren Spiegel zu sehen — dann erst 
tritt die Frau in ihr Leben. Sie ist die ersehnte Ergänzung, die 
innere Stütze, wenn sich Ermüdung oder Zweifel an der eigenen 
Kraft einzustellen beginnen. 
Dies war die Bedeutung der zweiten Frau in Conrads Leben. 
Mit eiserner Selbstzucht hat er das bittere Leid getragen, als 
die geliebte Frau mit dem Hinweis auf die Familie, die sie 
nicht verlassen konnte, ihm die Hoffnung nehmen mußte, je 
die Seine zu werden. Der Tag gehörte der Erfüllung seiner ver¬ 
antwortungsvollen Pflichten; wenn sich aber die Nacht über das 
erschöpfende Tagewerk senkte, dann griff der einsame Mann 
zur Feder, um dem Tagebuch das Leid seiner Seele anzuver¬ 
trauen, das der geliebten Frau nach seinem Tode sagen sollte, 
was sie ihm war. 
Ihr Einfluß hatte in den Tagen begonnen, da Conrad unter 
der Last seiner Verantwortung zusammenzubrechen drohte. Ge¬ 
duldig schenkte die hingebungsvolle Freundin den Schilderun¬ 
gen der beruflichen Schwierigkeiten ein aufmerksames Gehör 
und verstand es, durch Eingehen auf seine Klagen und eine ver¬ 
nünftige Kritik in Conrad das Gefühl vollen Verständnisses zu 
erwecken. So war diese Frau, noch ehe sie seine Gattin wurde, 
die Vertraute seiner Sorgen. In die Tragik jahrelangen Ver- 
zichtens fiel plötzlich während des Krieges wie ein Sonnenstrahl 
die Hoffnung auf Erfüllung des erträumten Glücks. Die treue 
Freundin überwand die Bedenken vieler Jahre und folgte Con¬ 
rad zum Altar. 
Die Frühjahrsoffensive 1916 gegen Italien 
(Hiezu Skizze 5.) 
Das dritte Kriegsjahr war ins Land gezogen. Zu den schweren 
Verlusten an Menschenleben gesellten sich Entbehrungen aller 
Art, welche die Kampfkraft des Heeres zu lähmen begannen 
und auch im Hinterland schwer© Sorgen auslösten. In steigender 
Friedenssehnsucht blickte das Vaterland erwartungsvoll zu dem 
Feldherrn auf, der die österreichisch-ungarischen Truppen eben 
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