Volltext: Conrad von Hötzendorf

KRIEGSFALL „R“ 
Die Kriegführung gegen Rußland 
nach den Operationsplänen Conrads war in der Kriegsliteratur 
wiederholt Gegenstand einer eingehenden Kritik. Conrad hat 
sich mit diesem Problem als Chef des Generalstabes im Frieden 
sehr eingehend befaßt. Das Evidenzbüro hatte durch Zusammen¬ 
stellung der Feinddaten die Grundlagen für die operativen Ent¬ 
schlüsse zu schaffen. Ich kannte daher aus vielen Referaten 
Conrads Gedankengänge und leite hieraus die Berechtigung ab, 
zu dieser vielumstrittenen Frage Stellung zu nehmen. 
Als Conrad zum ersten Male die konkreten Kriegsvorberei¬ 
tungen gegen Rußland bearbeiten ließ, rechnete er auch mit 
einem Krieg gegen Serbien-Montenegro, mit verschiedenen Va¬ 
rianten bezüglich des Zeitpunktes des Eingreifens Rußlands — 
sofort oder erst nach begonnenem Aufmarsch Österreich-Ungarns 
gegen Serbien-Montenegro. Für alle diese Fälle wurden die 
aufzubietenden Streitkräfte, deren Kriegsgliederung, die Räume 
für ihre Versammlung, die Maßnahmen für den Schutz des Auf¬ 
marsches, die Kommando Verhältnisse, spezielle Vorsorgen für die 
materielle Ausrüstung festgelegt und die Detailverfügungen in 
den zuständigen Generalstabsbüros bearbeitet. 
Der Kriegsfall „R“ — gegen Rußland — erforderte die um¬ 
fassendsten Vorsorgen. Österreich-Ungarn mußte mit einer er¬ 
drückenden zahlenmäßigen Überlegenheit des Feindes rechnen. 
Dazu kam die ungünstige geographische Gestaltung des allseits 
offenen Grenzgebietes ohne natürliches Hindernis, die Gefahren 
der panslawistischen Durchsetzung der Bevölkerung im Auf¬ 
marschraum und vor allem die Sicherheit, daß sich im Falle 
eines Krieges gegen Rußland Serbien und Montenegro sofort 
an dessen Seite stellen würden. Es war klar, daß die Hauptkraft 
Österreich-Ungarns gegen Rußland zu versammeln war, wäh¬ 
rend an den anderen Fronten mit dem knappsten Minimum das 
Auslangen gefunden werden mußte. 
Für die Versammlung der Hauptkräfte war die Art der Mit¬ 
wirkung Deutschlands von Wichtigkeit. Österreich-Ungarn hatte 
die Aufgabe übernommen, den Kampf im Osten zu führen, bis 
die Entscheidung im Westen gefallen war, worauf bedeutende 
deutsche Kräfte nach dem Osten gebracht werden sollten, um 
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