Volltext: Conrad von Hötzendorf

EIN WERTLOSER FETZEN PAPIER 
ein: „Wach auf, Rumäne!“ und sangen das Kriegslied „Zu den 
Waffen!“. Der Militärattache meldete, daß zum erstenmal der 
Kriegsfall gegen die österreichisch-ungarische Monarchie im ru¬ 
mänischen Generalstab bearbeitet werde. 
In dieser Lage wurde der Gesandte Graf Czernin mit der 
Mission betraut, das Verhältnis zu Rumänien in letzter Stunde 
zu retten. Sein Bericht vom 2. April 1914 zeigte die Aussichts¬ 
losigkeit dieses Unternehmens: „König Carol sei nicht mehr 
Herr in seinem Lande, er fürchte die Volksstimmung und scheue 
einen Konflikt mit ihr ... Das österreichisch-ungarisch-rumä¬ 
nische Bündnis sei zur Zeit ein wertloser Fetzen Papier.“ 
Auf dem Lande waren die Lehrer und die Geistlichkeit nebst 
der Kulturliga die Träger der antimagyarischen Agitation. Ru߬ 
land bearbeitete die öffentliche Meinung, Frankreich konzen¬ 
trierte seinen Einfluß auf die Intelligenz der Hauptstadt, durch 
politische Werbeartikel in der Presse und durch die Gründung 
des Vereines „Amitie franco-roumaine“, dem der französische 
Gesandte präsidierte. Die Annäherung an Rußland sollte durch 
eine Heirat mit einer Zarentochter gefördert werden. Insbeson¬ 
dere die Armee sprach von der baldigen Aufteilung der Mon¬ 
archie, und den Kriegsspielen des Generalstabes und der Trup¬ 
pen lag ausschließlich der Kriegsfall gegen Österreich-Ungarn 
zugrunde. 
So hatte sich bis zum Frühjahr 1914 der Ring um die Donau¬ 
monarchie auch im Südosten geschlossen. Jenseits der Grenzen 
harrten feindliche Armeen des Augenblicks, das Habsburgerreich 
mit Waffengewalt zu zertrümmern. Innerhalb der eigenen Gren¬ 
zen aber formte sich ein Ring von national durchsetzten Gebieten, 
deren Bevölkerung nach außen strebte. Die nationale Propaganda 
und der auf diesem Boden gedeihende Ausspähungsdienst sollten 
den feindlichen Heeren den Weg nach dem Herzen Österreich- 
Ungarns bahnen. 
Das Verhältnis zu Italien 
K 
Conrad hat schon wenige Wochen nach seiner Ernennung zum 
Chef des Generalstabes die Gefahr erkannt, die Österreich-Un¬ 
garn durch das Festhalten am Dreibund lief. Er hat ihn als 
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