Volltext: Conrad von Hötzendorf

NATIONALE ANSPRÜCHE SERBIENS 
verschrieben. Die heilige Allianz, die vor rund 100 Jahren 
Frankreich den Fuß auf den Nacken gesetzt hatte, war endgültig 
gelöst. Die Einkreisung der Mittelmächte war nahezu vollzogen; 
im Westen wie im Osten standen sie vor einem Wall von Bajonet¬ 
ten, im Süden triumphierten die Serben, Lücken blieben nur im 
Südosten und Südwesten. 
Das Verhältnis zu Serbien 
Das politische Ziel Serbiens war die Losreißung der süd¬ 
slawischen Gebiete der Monarchie und deren Vereinigung zu 
einem großserbischen Reich unter der herrschenden Dynastie. 
Zu den österreichischen Südslawen zählten 1,175.000 Slowenen 
und, einschließlich der bosnisch-herzegowinischen Mohamme¬ 
daner, 4,800.000 Kroaten und Serben. Obwohl stammverwandt, 
sind diese Völker in vieler Beziehung verschieden. Im beson¬ 
deren konnte sich der Gegensatz zwischen Kroaten und Serben 
bis zu erbittertem Haß steigern. Trotzdem gelang es dem von 
nur 2,000.000 orthodoxen Serben bewohnten Königreich, das 
politische Programm seines Herrscherhauses zum Ziel der Mehr¬ 
heit der Südslawen zu machen. 
Die nationalen Ansprüche Serbiens reichen zum Berliner Kon¬ 
greß in das Jahr 1878 zurück, als Österreich-Ungarn das Mandat 
zur Okkupation von Bosnien und Herzegowina übertragen wurde. 
Diese Ansprüche schwanden auch nicht nach der Annexion 
dieser Provinzen durch die Monarchie. Die Weisungen der ser¬ 
bischen Regierung an ihre Gesandtschaft in Wien vom 17. April 
1909 — nach dem Nachgeben in der Annexionskrise —, betref¬ 
fend die Fortführung der großserbischen Propaganda, lassen dar¬ 
über keinen Zweifel. Sie stellten „Mittel für die militärischen In¬ 
formationen und einen Betrag für die Beeinflussung der öster¬ 
reichisch-ungarischen Presse in Aussicht“. Weiter hieß es: „Die 
nationale Propaganda im slawischen Süden wird der allslawi¬ 
schen Propaganda untergeordnet, deren Organisation im brüder¬ 
lichen Rußland liegt; diese Organisation wird über reichliche 
Mittel verfügen. Im brüderlichen tschechischen Königreich wird 
ein neuer Brennpunkt projektiert. Soweit eine politisch-revolu¬ 
tionäre Propaganda notwendig erscheint, soll sie von nun an von 
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