Volltext: Conrad von Hötzendorf

CONRAD UND DIE AUSSENPOLITIK ÖSTERREICH- 
UNGARNS 
Vor dem Eingehen auf Conrads Auffassung außenpolitischer 
Fragen möchte ich den im Vorwort an den Leser gerichteten 
Appell wiederholen, in meiner Darstellung lediglich die objek¬ 
tive Wiedergabe historischer Tatsachen zu sehen, die der Ver¬ 
gangenheit angehören. Wer ein Lebensbild des Feldmarschalls 
geben will, muß auch in die Zeiten hineinleuchten, da das von 
Feinden umringte Österreich-Ungarn seinen Bestand zu sichern 
hatte. 
Die Siegerstaaten haben in der Kriegsschuld der Mittelmächte 
eine moralische Berechtigung für die Härten der Friedensverträge 
gesucht. Die Ankläger weisen mit Vorliebe auf Conrad von Höt- 
zendorf als „Kriegshetzer“ und als „Apostel der Präventivkriege“ 
hin. Sie werfen ihm vor, daß er bald nach Antritt seines Amtes 
als Chef des Generalstabes im Jahre 1907 eine kriegerische Ab¬ 
rechnung mit Italien gefordert, daß er während der Annexions¬ 
krise 1908/09 und später während der Balkankriege 1912/13 den 
Krieg gegen Serbien gewollt und in der Ermordung des Thron¬ 
folgers den willkommenen Anlaß gesehen habe, sein lang erstreb¬ 
tes Ziel — „den Krieg“ — zu erreichen. Die Entente sah in ihm 
die Triebfeder für die scharfe Fassung des kurzbefristeten Ulti¬ 
matums, das dem Königreich Serbien keine Zeit lassen sollte, 
sich diesmal dem Krieg zu entziehen. 
Als Referent des k. u. k. Chefs des Generalstabes für die aus¬ 
wärtigen Angelegenheiten während der schicksalsschweren Jahre 
von der Annexionskrise bis nahe zum Kriegsausbruch und als 
Kenner des innersten Fühlens und Denkens des verstorbenen 
Marschalls muß ich die Auffassung bekämpfen, daß Conrad den 
Krieg um des Krieges willen gewollt habe. Er hat in Erkenntnis 
seiner Pflichten die Entscheidung durch die Waffen gefordert, 
wenn er es im Interesse der Monarchie für geboten hielt; er hat 
aber den Krieg für den Fall verworfen, daß die Monarchie ge- 
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