Volltext: Conrad von Hötzendorf

„IN DEINEM LAGER IST ÖSTERREICH“ 
Einfluß auf den Geist der Armee 
Der Gesamtwert einer Armee wird wesentlich durch den sie 
beseelenden Geist beeinflußt. In national einheitlichen Staaten 
ist dieser schon durch die natürliche Gemeinschaft von Menschen 
gleicher Rasse, Sprache und Religion gewährleistet. In der viel¬ 
sprachigen, von etwa zehn verschiedenen Nationen bewohnten 
Donaumonarchie hatte sich während der Herrschaft der Habs¬ 
burger ein typisch österreichischer, von Dichtern besungener 
„Armeegeist“ herausgebildet. Im Lager der Armee war Öster¬ 
reich-Ungarn. Erst als die Nachbarn der Monarchie mit einer 
immer stärkeren nationalen Propaganda einsetzten, begann sich 
dieses Gefüge allmählich zu lockern. Um so größer wurde hie¬ 
durch die Verpflichtung, den Geist des gemeinsamen Staats¬ 
gedankens in der Wehrmacht zu erhalten. 
Conrad erkannte in der einheitlichen Ausbildung die Gewähr 
hiefür. Die dualistische Staatsform schloß eine einheitliche Reichs¬ 
armee aus. Gründe der rascheren Kriegsbereitschaft hatten zum 
Übergang auf die territoriale Ergänzung gezwungen: die Regi¬ 
menter nahmen hiedurch immer mehr einen nationalen Cha¬ 
rakter an. Die Träger des gemeinsamen Staatsgedankens wurden 
die Berufsoffiziere. 
Conrad vertrat den Standpunkt, es dürfe nicht der Eindruck 
entstehen, daß es im Heere bevorzugte und zurückgesetzte Na¬ 
tionen gebe. Jeder Soldat sollte sich in der Armee wohlfühlen 
und das Bewußtsein haben, ohne Rücksicht auf seine Sprache 
und Religion gerecht behandelt zu werden. 
Von besonderer Bedeutung war der Geist des Offizierskorps. 
Dieses bildete den Rahmen, in den die wehrhaften Männer des 
Reiches zur Verteidigung des gemeinsamen Vaterlandes eintraten. 
Conrads Billigung der in der Armee üblichen Ansprache mit 
dem brüderlichen „D u“ — ein Erbstück aus der besten Zeit 
Altösterreichs — entsprach seiner Auffassung, daß dieser äußere 
Ausdruck sozialer Gleichstellung ein Band zwischen den Offi¬ 
zieren aller Nationen und Stände schaffe. 
Sehr wichtig war die Regelung der Sprachenfrage 
innerhalb der Wehrmacht. Die Kommandosprache war 
durch die Verfassung gegeben. Sie war „deutsch“ für das ge¬ 
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