Volltext: Conrad von Hötzendorf

FELDHERRNKUNST MUSS MÄNGEL ERSETZEN 
Am 28. Juni 1914 fielen in Sarajevo die verhängnisvollen 
Schüsse. 
Früher als Conrad befürchtet hatte, stand die Wehrmacht plötz¬ 
lich vor der Aufgabe, den Kampf um den Bestand des Reiches 
aufzunehmen. Trotz all seines zähen Wollens war ihm nur die 
Verwirklichung eines Bruchteiles der als notwendig erkannten 
Reformen gelungen. Die österreichisch-ungarische Armee zog 
mit vielen Mängeln in der Organisation und Ausrüstung in den 
Krieg — Conrads Feldherrnkunst mußte ersetzen, was dem Heer 
an Zahl und an Kampfmitteln fehlte. 
Einfluß auf die Anlage und Leitung der großen Manöver 
Die Anlage der großen Manöver war unter Conrads Vor 
gänger einem bestimmten Schema gefolgt. Der erste Tag war 
dem Aufklärungsdienst der Kavallerie gewidmet, am zweiten 
fand der Zusammenstoß der Kavalleriegros mit dem Schaustück 
einer großen Attacke statt. Unterdessen erfolgte der Anmarsch 
der Infanteriegros, sodann der Zusammenstoß in zwei bis drei 
Kampftagen. Der tägliche Übungsbeginn wurde von der Ma¬ 
növeroberleitung geregelt. Die zwischen den Parteien gezogene 
Demarkationslinie durfte erst zu einer festgesetzten 
Stunde überschritten werden. Die Ausgabe dieser Linie beendete 
die Kampfhandlungen, nur der Sicherungs- und Aufklärungs¬ 
dienst durften weitergehen. 
Diese Beschränkungen nahmen den Übungen die Kriegsähn¬ 
lichkeit. Die Führer hatten keine Veranlassung, mit den Kräften 
ihrer Truppen hauszuhalten, denn die Ausgabe der Demarka¬ 
tionslinie erfolgte gewöhnlich in den ersten Nachmittagsstunden. 
Bis zum Wiederbeginn am nächsten Morgen blieb reichlich Zeit 
für die Nachtruhe. Innerhalb der wenigen Manöverstunden 
konnten sich die Entschlüsse der Parteikommandanten nicht aus¬ 
wirken, die interessantesten Kampfhandlungen mußten unter¬ 
brochen werden, den Führern wurden durch die Demarkations¬ 
linie Lagen aufgezwungen, die mit ihren operativen Absichten 
nicht zusammenstimmten. Die für den Manöverbeginn bereit¬ 
gestellten Truppen standen sich am Morgen innerhalb der wirk- 
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