Volltext: Österreichisch-ungarisches Rotbuch

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Ungarn. Keine der auf die Regierungsgewalt * aspirierenden 
Parteien will in den Verdacht kommen, eines schwächlichen 
Nachgebens gegenüber der Monarchie für fähig gehalten zu 
werden. So wird die Wahlkampagne unter dem Schlagworte 
der Bekämpfung Österreich-Ungarns geführt. 
Man hält die Monarchie aus inneren und äußeren Gründen 
für ohnmächtig, zu jeder energischen Aktion unfähig und 
glaubt, daß die ernsten Worte, die schon an maßgebenden 
Stellen bei uns gesprochen worden sind, nur Bluff seien. 
Die Urlaube des k. u. k. Kriegsministers und Chefs des 
Generalstabes haben in der Überzeugung bestärkt, daß die 
Schwäche Österreich-Ungarns nunmehr evident ist. 
Ich habe die Geduld Euer Exzellenz etwas länger in An¬ 
spruch zu nehmen mir erlaubt, nicht weil ich mit Vorstehendem 
etwas Neues zu bringen glaubte, sondern weil ich diese 
Schilderung als Ausgang zu der sich aufdrängenden Kon¬ 
klusion betrachte, daß eine Abrechnung mit Serbien, ein Krieg 
um die Großmachtstellung der Monarchie, ja um ihre Existenz 
als solche, auf die Dauer nicht zu umgehen ist. 
Versäumen wir es, Klarheit in unser Verhältnis zu Serbien 
zu bringen, so werden wir mitschuldig an den Schwierigkeiten 
und der Ungunst der Verhältnisse bei einem künftigen 
Kampfe, der doch, ob früher oder später, ausgetragen werden 
muß. 
Für den lokalen Beobachter und den Vertreter der öster¬ 
reichisch-ungarischen Interessen in Serbien stellt sich die Frage 
so, daß wir eine weitere Schädigung unseres Prestiges nicht 
mehr ertragen können. 
Sollten wir daher entschlossen sein, weitgehende Forde¬ 
rungen, verbunden mit wirksamer Kontrolle — denn nur eine 
solche könnte den Augiasstall der großserbischen Wühlarbeit 
reinigen — zu stellen, dann müßten alle möglichen Kon¬ 
sequenzen überblickt werden und es muß von Anfang an 
der starke und feste Wille bestehen, durchzuhalten. 
Halbe Mittel, ein Stellen von Forderungen, langes Parla- 
mentieren und schließlich ein faules Kompromiß wäre der 
härteste Schlag, der Österreich-Ungarns Ansehen in Serbien 
und seine Machtstellung in Europa treffen könnte.
	        
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