Volltext: Die transzendentale Subjekts- und Erkenntnistheorie im 20. Jahrhundert

1. Kapitel: NEUKANTIANISMUS 
Die Marburger Schule 
Einteilung: 1) Hermann Cohen 
2) Paul Natorp 
3) Ernst Cassirer 
4) Das Schicksal des Neukantianismus 
 
1) Hermann Cohen (geb.am 4.7.1842 in Coswig, gest.am 4.4.1918 
in Berlin) 
Hermann Cohens 1871 erschienenes Werk "Kants Theorie der 
Erfahrung" erschloß den Weg zu einem neuen Kantverständnis, das 
gekennzeichnet ist durch das Wort Windelbands, 'Kant verstehen 
heißt, über ihn hinausgehen'. Es lag darin die Aufforderung, 
sich nicht mit einer bloß philologischen Kantkenntnis zu begnügen, 
sondern vielmehr nach dem Entscheidenden, dem Grundgedanken in 
Kants Philosophie zu fragen, und, wenn man denselben 'erfaßt' hat, 
Kants eigene Philosophie daraufhin zu befragen, ob sie in der 
Durchführung dieses Gedankens demselben Genüge tut ... 
Als diesen Grundgedanken begriff Cohen den Gedanken der 
'transzendentalen Methode', und er versuchte in seinen Kant-Büchern 
diese Methode als das Herzstück der Kantischen Philosophie heraus- 
zustellen, "zu dem alles Andere ... in Beziehung zu setzen ist, 
von dem aus es zu verstehen und zu bewerten ist." (1) Die Reinheit 
der Befolgung der 'transzendentalen Methode' war damit zugleich 
der Maßstab der Kritik an einzelnen Lehrstücken Kants. 
Ich werde im folgenden zu zeigen versuchen, daß in dem Sinn, in 
dem Cohen von 'transzendentaler Methode' spricht, bei Kant über- 
haupt nicht von einer transzendentalen 'Methode', sondern nur von 
einer transzendentalen 'Problemstellung' die Rede sein kann ... 
Zu diesem Zweck müssen wir aber zuvor auf Cohens (bzw. die 'Marburger') 
Auffassung von 'transzendentaler Methode' eingehen. 
Cohen verstand die transzendentale Methode, diesbezüglich noch ganz 
in den Kantischen Bahnen, als "unvergängliche methodische Anweisung 
der Philosophie auf das Faktum der Wissenschaft." (2) In seinem 1883 
erschienenen Werk "Das Prinzip der Infinitesimalmethode und seine 
Geschichte", seinem ersten systematischen Werk, schreibt er: "Was 
also die Wissenschaft zur Wissenschaft macht, welche Bedingungen 
ihrer Gewißheit sie voraussetzt, von welchen Grundsätzen ihre 
(1) P. Natorp, Kant-Studien Bd.17, 1912, S.194 
(2) A.Görland, Kant-Studien Bd.17, 1912, S. 225
	        
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