Ich bestimmend und setzend. ... Das Transzendieren zur Bestimmtheit
zeugt hier noch das Einzelne zu welchem transzendiert wird." (1)
Die Frage ist, ob mit diesen Begriffen, in denen Cramer den 'Ich'-
Gedanken zu interpretieren versucht (... 'bestimmen', 'transzendieren')
hier überhaupt noch ein Sinn zu verbinden ist, ob m.a.W. Cramers
Theorie des Denkens - welche im früher genannten Sinn seine Ontologie
impliziert und voraussetzt - ein geeignetes Interpretationsmodell
dieses Gedankens darstellt. Wir knüpfen damit an Probleme an, die
wir bereits im Teil 1a) vorbereitend expliziert haben ...
Zunächst ist leicht zu sehen, daß die genannte Interpretation - als
Erklärung aufgefaßt - notwendig in einen Zirkel führt ... Cramer stellt
richtig fest, daß sich der Gedanke 'Ich' nicht auf etwas Gegebenes
beziehen könne, und er folgert daraus, daß das Denken im Zeugen dieses
Gedankens zugleich 'bestimmend und setzend' sei; wobei offenbar das
eine das andere voraussetzt. Denn um sich 'bestimmen' (und damit in
irgendeiner Weise auf sich 'beziehen') zu können, muß es sich schon
'gesetzt' haben, und um 'sich' setzen zu können, muß es sich schon
'bestimmt' (auf sich 'bezogen') haben. (2) Aus diesem Zirkel ist natur-
gemäß nicht herauszukommen, solange man das Sich-Wissen des Ich analog
dem (erkennenden) Bestimmen von Gegenständen interpretiert. Aus diesem
Grund nannte schon Kant - die Schwierigkeiten mehr bezeichnend als
lösend - das 'Ich' einen spontan erzeugten Gedanken, durch den nichts
erkannt werde. Erkenntnis- und Objektvorstellung sind m.a.W. kein
geeignetes Interpretationsmodell dieses Gedankens.
Nun steht aber, wie wir gesehen haben, Cramers Interpretation des
'Ich'-Gedankens von vornherein im Zusammenhang mit seiner Auffassung
des Erkenntnis- und Transzendenzproblems. In diesem Zusammenhang wird
sich das Gesagte noch verdeutlichen ... Der Gedanke 'Ich' soll nach
Cramer ein 'ursprünglich legitimierter Transzendenzgedanke' sein. Er
soll also eine 'Bestimmung' (ein Wissen, eine Erkenntnis) zum Ausdruck
bringen. Er impliziert damit notwendig eine relationale Struktur der
Art 'Ich=Ich', wobei auf die beiden Glieder dieser Identitätsrelation
der Gegensatz von 'Gedanke' und 'Realität' zu projizieren ist; wir
schreiben daher (um das auszudrücken) besser: 'ich=Ich'. Ein Satz
dieser Art ist nach Cramer das im Gedanken 'Ich' Gemeinte (Gewußte). (3)
Nun sind aber Sätze der Form 'ich=Ich' nur ein Sonderfall von Sätzen
der Form 'ich=a', und wie diese nicht von vornherein evident. D.h.,
soll im Gedanken 'Ich' ein Wissen, eine synthetische Erkenntnisleistung
zum Ausdruck kommen, dann stellt sich unausweichlich die Frage nach
(1) ebenda, §14
(2) Vgl. D. Henrichs Kritik der Reflexionsmodells, in: Selbstbewußtsein,
S.265ff.
(3) Vgl.dazu das im Teil 1a) Ausgeführte