Volltext: Die transzendentale Subjekts- und Erkenntnistheorie im 20. Jahrhundert

Ich bestimmend und setzend. ... Das Transzendieren zur Bestimmtheit 
zeugt hier noch das Einzelne zu welchem transzendiert wird." (1) 
Die Frage ist, ob mit diesen Begriffen, in denen Cramer den 'Ich'- 
Gedanken zu interpretieren versucht (... 'bestimmen', 'transzendieren') 
hier überhaupt noch ein Sinn zu verbinden ist, ob m.a.W. Cramers 
Theorie des Denkens - welche im früher genannten Sinn seine Ontologie 
impliziert und voraussetzt - ein geeignetes Interpretationsmodell 
dieses Gedankens darstellt. Wir knüpfen damit an Probleme an, die 
wir bereits im Teil 1a) vorbereitend expliziert haben ... 
Zunächst ist leicht zu sehen, daß die genannte Interpretation - als 
Erklärung aufgefaßt - notwendig in einen Zirkel führt ... Cramer stellt 
richtig fest, daß sich der Gedanke 'Ich' nicht auf etwas Gegebenes 
beziehen könne, und er folgert daraus, daß das Denken im Zeugen dieses 
Gedankens zugleich 'bestimmend und setzend' sei; wobei offenbar das 
eine das andere voraussetzt. Denn um sich 'bestimmen' (und damit in 
irgendeiner Weise auf sich 'beziehen') zu können, muß es sich schon 
'gesetzt' haben, und um 'sich' setzen zu können, muß es sich schon 
'bestimmt' (auf sich 'bezogen') haben. (2) Aus diesem Zirkel ist natur- 
gemäß nicht herauszukommen, solange man das Sich-Wissen des Ich analog 
dem (erkennenden) Bestimmen von Gegenständen interpretiert. Aus diesem 
Grund nannte schon Kant - die Schwierigkeiten mehr bezeichnend als 
lösend - das 'Ich' einen spontan erzeugten Gedanken, durch den nichts 
erkannt werde. Erkenntnis- und Objektvorstellung sind m.a.W. kein 
geeignetes Interpretationsmodell dieses Gedankens. 
Nun steht aber, wie wir gesehen haben, Cramers Interpretation des 
'Ich'-Gedankens von vornherein im Zusammenhang mit seiner Auffassung 
des Erkenntnis- und Transzendenzproblems. In diesem Zusammenhang wird 
sich das Gesagte noch verdeutlichen ... Der Gedanke 'Ich' soll nach 
Cramer ein 'ursprünglich legitimierter Transzendenzgedanke' sein. Er 
soll also eine 'Bestimmung' (ein Wissen, eine Erkenntnis) zum Ausdruck 
bringen. Er impliziert damit notwendig eine relationale Struktur der 
Art 'Ich=Ich', wobei auf die beiden Glieder dieser Identitätsrelation 
der Gegensatz von 'Gedanke' und 'Realität' zu projizieren ist; wir 
schreiben daher (um das auszudrücken) besser: 'ich=Ich'. Ein Satz 
dieser Art ist nach Cramer das im Gedanken 'Ich' Gemeinte (Gewußte). (3) 
Nun sind aber Sätze der Form 'ich=Ich' nur ein Sonderfall von Sätzen 
der Form 'ich=a', und wie diese nicht von vornherein evident. D.h., 
soll im Gedanken 'Ich' ein Wissen, eine synthetische Erkenntnisleistung 
zum Ausdruck kommen, dann stellt sich unausweichlich die Frage nach 
(1) ebenda, §14 
(2) Vgl. D. Henrichs Kritik der Reflexionsmodells, in: Selbstbewußtsein, 
S.265ff. 
(3) Vgl.dazu das im Teil 1a) Ausgeführte
	        
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