ABRISS DER MILITÄRGESCHICHTE DES JANUAR-AUFSTANDES 125
Siebente Vorlesung
(10. Mai 1912)
So wie Warschau vergessen wurde und infolgedessen im
Kriege keine größere Rolle gespielt hat, so war es auch mit
allen anderen militärischen Mittelpunkten im Kongreß -
Königreich, ausgenommen Plock. Das erlaubte der russi¬
schen Regierung und Armee, ihre Reserven an diesen
Hauptplätzen bereitzuhalten, die dann zu jeder Zeit für
die entsprechenden Aktionen verwandt werden konnten. Es
unterliegt keinem Zweifel, daß im Anfang des Aufstandes
diese zentralen Plätze eine wichtige Rolle hätten spielen
können, um Truppen festzuhalten und so damals einen
möglichst großen Zeitgewinn zu erzielen.
Ein zweites Mittel, das sehr wirksam war und, wie man
annehmen muß, durchaus im Einklang mit dem, was die
Kriegswissenschaft über den Freischärlerkrieg schreibt, das
man aber im Aufstand vergessen und nicht entsprechend
ausgebaut hatte, waren die Aktionen gegen die feindlichen
Verbindungsmittel. Eine Armee muß, um manövrieren zu
können, mit ihren einzelnen Teilen in Verbindung bleiben.
Darum haben die Verkehrswege im Kriege immer eine
außerordentlich wichtige Rolle gespielt. Der Freischärler¬
krieg hat u. a. die Aufgabe, auf die feindlichen Verbin¬
dungslinien einzuwirken, sie zu vernichten und möglichst
viel Verwirrung anzurichten, damit der Feind ihrer Erhal¬
tung einen großen Teil seiner Truppen opfern muß. Bei
Revolutionskriegen sind die Verbindungslinien zugleich die
am leichtesten erreichbare Angriffsfläche. Das Heer ver¬
wendet zu ihrem Schutz nur geringe Kräfte, und das er¬
leichtert verhältnismäßig die entsprechenden Aktionen.
Vor allem verdienten die Verbindungen mit Warschau