Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

ziehen, und es ist der spezielle Zweck des vorliegenden Schreibens, 
gewisse Fragen in dieser Richtung zu klären. 
Ich möchte hiezu, wie in den vorangegangenen Vereinbarungen, die 
verschiedenen Kombinationen nacheinander in Betracht ziehen. 
a) Italien, Serbien und Montenegro treten von Haus aus feindlich auf, 
Rußland und Frankreich bleiben neutral. 
Dieser Fall dürfte nur eintreten, wenn durch die Stellungnahme 
Deutschlands letztere beide Mächte veranlaßt würden, abseits der kriege¬ 
rischen Ereignisse zu bleiben. 
Inwieweit die auf kulturelle und finanzielle Rücksichten zurück¬ 
zuführende Friedensneigung Frankreichs, inwieweit die innerpolitischen 
und militärischen Verhältnisse Rußlands, sowie dessen Lage in Ostasien 
(Japan) hiebei ins Gewicht fallen könnten, sei nur angedeutet. Die Neu¬ 
tralität dieser beiden Staaten vorausgesetzt, wäre somit die Kriegs¬ 
handlung lediglich eine Angelegenheit der Monarchie, wobei ich von der 
Erörterung eines Eingreifens der türkischen Streitkräfte absehe. 
b) Italien, Serbien und Montenegro — aber auch Rußland — trete 1 
feindselig gegen die Monarchie auf. 
Deutschland tritt im Sinne des Vertrages vom Jahre 1879 an die Seite 
der Monarchie und löst damit auch das kriegerische Eingreifen Frank¬ 
reichs aus. 
So wie in diesem Falle, nach den geschätzten Mitteilungen E. E., 
Deutschland seine Hauptmacht vorerst gegen Frankreich wenden, gegen 
Rußland aber nur sekundäre Kräfte (13 Divisionen) belassen würde, um 
erst nach einem durchgreifenden Erfolg gegen Frankreich gegen Rußland 
die Entscheidung zu suchen, würde analog unsererseits mit der über¬ 
wiegenden Hauptmacht ein Erfolg zuerst gegen Italien angestrebt werden, 
um erst nach einem solchen sich gegen Rußland zu kehren. 
Gegen Montenegro würden entsprechende, gegen Serbien unter¬ 
geordnete Kräfte gelassen werden; aber auch gegen Rußland würden 
außer den 6 (eventuell bloß 4) Kavalleriedivisionen anfänglich nur 5 Infan¬ 
terie-Divisionen erster Linie nebst sonstigen Formationen (alles in allem 
9Vz Infanterie-, 4 bis 6 Kavallerie-Divisionen) in Galizien verbleiben; somit 
Kräfte, welche zwar kleinen feindlichen Unternehmungen entgegen¬ 
zutreten, einer groß angelegten russischen Offensive aber nicht stand¬ 
zuhalten vermöchten, sondern diesfalls genötigt wären, unter 
möglichster Verzögerung der feindlichen Vorrückung, über die Karpathen 
zurückzugehen, und zwar mit der bei Lemberg—Przemysl versammelten 
stärkeren Gruppe im allgemeinen in der Richtung auf Budapest, mit der 
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