Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Ausbildung. Als wichtige Frage in diesem Belange stand das 
Reglement für die Fußtruppen im Vordergrund. Wie schon erwähnt, 
war der nach meinen Weisungen im Operationsbureau bearbeitete Ent¬ 
wurf auf manchen Widerstand des Thronfolgers und des Feldzeugmeisters 
Potiorek gestoßen. Auch mochten noch andere Einflüsse mitgewirkt 
haben, diese dringende Angelegenheit zu verzögern und den Entwurf zu 
einem noch mit überflüssigen Formalitäten belasteten Kompromiß umzu¬ 
wandeln. Ich hatte erwartet, daß mich Erzherzog Franz Ferdinand zu 
einer eingehenden Besprechung hierüber berufen würde. Da dies aber 
unterblieb, richtete ich an ihn das nachstehende Schreiben: 
„W i e n, 30. März. 
Eure Kaiserliche Hoheit hatten stets die Gnade, es zu gestatten, daß 
ich Eurer Kaiserlichen Hoheit gegenüber mich rückhaltlos ausspreche, 
geruhen Eure Kaiserliche Hoheit daher auch, die nachfolgende Darlegung 
gnädig aufzunehmen. 
Ich glaubte von Eurer Kaiserlichen Hoheit berufen zu werden, um 
Euer Kaiserlichen Hoheit über die einzelnen Punkte des Reglement-Ent¬ 
wurfes für die Fußtruppen mündlich zu referieren und hoffte auf das hohe 
Vertrauen, bei dieser Gelegenheit meine Anschauungen vortragen zu dürfen. 
Die mittelst des gestern hier präsentierten Befehles Eurer Kaiserlichen 
Hoheit getroffenen Bestimmungen, auf Grund welcher ich nunmehr die 
Umarbeitung einleite, lassen mich jedoch erkennen, daß ich auf eine 
Berufung nicht mehr zu rechnen habe. 
Ich bin viel zu viel Soldat, um nicht das Prinzip des strikten Befehls 
und der strikten Befolgung obenan zu stellen, aber es wäre meinerseits 
ein Mangel an pflichtgemäßer Offenheit, wenn ich Eurer Kaiserlichen 
Hoheit nicht freimütig bekennen würde, daß ich hierin eine Andeutung 
empfinde, nicht mehr jenes hohe und gnädige Vertrauen zu genießen, 
welches mir die festeste Stütze in all meinem bisherigen Wirken und 
welches mir auch die entscheidende Veranlassung war, den Dienstes¬ 
posten anzutreten, an welchem ich mich dermalen befinde. 
Ein Feind jedes persönlichen Herandrängens, habe ich mangels dies¬ 
bezüglich bestehender Vorschriften stets die Berufungen Euer Kaiserlichen 
Hoheit erst abgewartet und habe es jedesmal freudig begrüßt, wenn mir 
die hohe Auszeichnung zuteil wurde, persönlich berichten zu dürfen. 
Ich darf es wohl als außer Frage stehend betrachten, daß ich stets 
nur von dem Streben geleitet bin, meine Kräfte, so weit sie eben reichen, 
nach bestem Wissen und Gewissen in den Ah. Dienst zu stellen, aber ein 
erfolgreiches Wirken erscheint mir in meiner verantwortungsreichen 
Stellung doch nur dann möglich, wenn ich das Bewußtsein haben darf, 
mich des hohen Vertrauens erfreuen zu können, dies insbesondere, soferne 
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